Frédéric Oriach

Der bewaffnete Kampf als strategische und taktische Notwendigkeit des Kampfes für die Revolution

Ersten mai 1985

Verzeichnis

I.                Einführung

II.              Bewaffneter Kampf und legale politische Aktion

III.             Aktualität der Staatsfrage

IV.           Der revolutionäre bewaffnete Kampf und der Marxismus

V.             Der bewaffnete Kampf in der revolutionären Strategie

VI.           Die politisch-militärische Frage

VII.          Hin zum revolutionären Bürgerkrieg

I.              Einführung

1.        Die Revolution ist nicht ein Existentialismus sondern ein konkretes Projekt.

Wir bezeichnen uns als Kommunisten, was aber weder als Anspruch einer Identität noch als moralische Aussage zu verstehen ist, — da der Wille zum Kommunismus zweifelsohne auf ganz unterschiedlichen philosophischen Motivierungen beruhen kann —, sondern als Sinnbezug und vor allem als Bezugnahme auf ein konkretes präzises materielles Projekt. Eine Gesellschaft ohne Klassen und damit ohne Staat, die Entfaltung der Menschheit im Sinn ihrer Bedeutung durch die dialektische Auflösung der Widersprüche, welche die potentielle Menschheit in einer primitiven Phase halten, in der das menschliche durch die Beherrschung und Ausbeutung des Menschen durch den Menschen negiert wird. Diese Hoffnung ist Triebkraft und Ziel unseres Kampfes, das revolutionäre Einwirken auf die Geschichte ist somit die Praxis, die diese Zielsetzungen verwirklichen soll. Wir stellen das klar, da allzu häufig unter dem Gewicht von Entfremdung, Verfall der Willenskräfte, zermürbende Mittelmäßigkeit und Herdentrieb Hoffnung und Wille in eine feige und ängstliche Flucht in einer Art Gewerkschaftsbewegung des Alltags umgekehrt wurden.

Dann sprechen wir von Revolution und geben dabei diesem Wort seinen ganzen Sinn, sein ganzes Gewicht, seine extreme Genauigkeit und seine absolute Globalität wieder. Unser Ziel ist es, die Revolution zu machen und nicht, « Kommunisten zu sein », sondern den Kommunismus als neue soziale Beziehung einzusetzen.

Dieses legt politische Bestimmung mit strategischer Bedeutung fest. In der Tat, um unsere Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung zu erreichen, müssen wir unsere Lage innerhalb der Geschichte in den Griff bekommen. Durch unser Handeln in der Gegenwart errichten wir unsere Zukunft. Aus diesem Grund wäre es historisch gesehen selbstmörderisch, die revolutionären Bestrebungen in Richtung eines ( wenn auch unbewußt ) in der Vergangenheit anknüpfenden Willens, sich dem Sinn der Geschichte zu widersetzen, umzulenken. Das geschieht jedoch, wenn manche dazu kommen, als Alternative den Rückschritt auf vorkapitalistische Formen der gesellschaftlichen Produktion und Organisation vorzuschlagen oder aber ( bei den angeblich radikalsten ) wenn das politische Handeln sich darauf beschränkt, gegen alles zu sein, was die kapitalistische Entwicklung kennzeichnet. Wir weisen hier auf den Antiimperialismus, wenn er sich darauf beschränkt, sich den Wirkungen des Imperialismus entgegensetzen zu wollen, dem Antimonopolismus, dem Antifaschismus, das gegen alles und jedes sein, wobei die gesellschaftliche Problematik auf Schnickschnack-Ideen in Form von Zwangsmonomanien beruht, wobei z.B. als prinzipielle Frage die Politik der Kernenergie oder des Rassismus oder des amerikanischen Imperialismus oder der»  Kriegsvorbereitungen » usw. gestellt werden. Genug Schnickschnack ! Die Realität läßt sich nicht zerstückeln, entweder faßt man sie in ihrer komplexen Totalität oder man begreift sie nicht und bleibt ein Reformist der versucht, irgendwelche Errungenschaften zu wahren, die integraler Bestandteil der bourgeoisen Herrschaftsmechanismen sind. « Menschenrechte », « Freiräume », « Demokratie », « Unterschiede », « Autonomie » usw. eine lange Litanei bourgeoiser Werte.

Wir wollen damit nicht sagen, man solle nicht bei Gelegenheit das verteidigen, was ab und zu die Brutalität einschränken kann, das ist notwendig, wie für die Arbeiterklasse der wirtschaftliche Kampf in den Betrieben notwendig ist. Wir wollen nur sagen, daß es objektiv reaktionär ist, wenn man aus der Defensive eine Politik machen will ( und wenn es die « Antiimperialistische » Abwehr ist ). Revolutionär zu sein, bedeutet nicht gegen die historische Entwicklung des Kapitalismus zu sein, sondern ganz im Gegenteil für dessen Überwindung einzutreten. Man muß für die Vernichtung des Kapitalismus durch seine historische Überwindung eintreten und nicht für das vergebliche Bemühen, seinen unerbittlichen Gang zu verlangsamen. Revolutionär sein heißt entschlossen in die Zukunft blicken, ein Projekt mitleben, eine Zukunft errichten, neue im Kampf geschmiedete Werte entstehen lassen.

2.        Die imperialistische Realität in der wir uns befinden.

Unsere Absicht ist hier nicht, die derzeitige Lage und die Arbeitsweise des Imperialismus zu analysieren, sondern die Entscheidung für eine bewaffnete Politik zur Machtübernahme und zur Durchsetzung der Revolution zu erklären. Im übrigen ist es nicht die objektive augenblickliche Lage, die unsere strategischen Entscheidungen und Projekte bestimmt, sondern erst ausgehend von unseren historischen Plänen analysieren wir dann in der Folge die jeweilige Situation, um ihr unsere Taktik möglichst wirksam anzupassen ( viele, auch kämpfende Gruppen, tun das Gegenteil und lassen sich ihre strategischen Entscheidungen von der jeweiligen Situation diktieren, was dazu führt, daß sie etwas als « strategische Projekte » vorstellen, was nur der mehr oder weniger partielle Versuch ist, Probleme des Imperialismus usw. zu analysieren und was zeigt, daß sie keinerlei historische Perspektive haben ). Doch da nicht jeder unbedingt alle unsere Analysen und Vorschläge kennt, ist es vielleicht in dieser Einführung nützlich, in großen Zügen die imperialistische Lage kurz zu skizzieren, in der unser Kampf stattfinden muß.

Die derzeitige Entwicklungsphase des Imperialismus ist gekennzeichnet durch eine strategische Umorientierung, wobei es in erster Linie um die Herausbildung der imperialistischen Zentren selbst geht, während sich die imperialistische Produktionsweise in der vorherigen Phase zunächst in Richtung Peripherie ausdehnte. Das bedeutet natürlich nicht, daß sich der Imperialismus aus der « Dritten Welt » ( = 3/4 der Welt ) zurückzieht, es sei denn, er ist angesichts des Anstiegs der revolutionären und nationalen Befreiungskämpfe dazu gezwungen. Ganz im Gegenteil, in den beherrschten Ländern erleben wir eine Verstärkung der immer brutaler werdenden Ausbeutung, deren krimineller Charakter erst ganz zu Tage tritt, wenn man weiß, daß dank der sozial-ökonomischen Strukturen dieser Produktionsweise die mittlere Lebenserwartung in der Dritten Welt bei nur 54 Jahren liegt, und daß hier über 300 Millionen Menschen voll arbeitslos sind. Die Entwicklung des Imperialismus, innerhalb dessen Frankreich eine treibende Kraft ist, besonders als zweiter Unterdrücker nach den USA und als Vektor des amerikanischen Imperialismus, führt zu einer ständigen Vergrößerung der Ungleichheiten. Während im 17. Jahrhundert der Abstand zwischen dem reichsten und dem ärmsten Land 1:2 betrug, liegt er jetzt bei 1:40. Und es wird immer schlimmer, da es der Weltbank zufolge im Jahr 2000 in den « Entwicklungsländern » 700 Millionen Menschen geben wird, die in absoluter Armut leben. Das wird dieser höchst amtlichen Stelle zufolge dazu führen, daß selbst unter den « Entwicklungsländern » mit dem schnellsten Wachstum nur 9 darauf hoffen können, die Industriestaaten einzuholen und auch das erst in 1000 Jahren ! Ausser natürlich wenn es eine radikalen Änderung der Produktionsweise gibt.

Wenn man das wahre Wesen der heutigen imperialistischen Phase verstehen will, um ihr die großen strategischen Linien, welche die revolutionäre Bewegung einschlagen muß, anzupassen, so muß man sich ganz klar machen, daß die Trennungslinie nicht mehr nur zwischen den beherrschten Formationen und den imperialistischen Metropolen verläuft, sondern das diese selbe Linie sich auch in den imperialistischen Zentren fortsetzt. Es wäre ein großer Irrtum, eine revolutionäre Analyse auf rein ideologische oder moralische Kriterien zu gründen und davon auszugehen, daß die Ausbeutung der Völker der Dritten Welt sehr viel krasser erscheint und daß im Vergleich die Lage des Proletariats im Westen bevorzugt erscheint. Einige gehen in ihrer ideologischen Beurteilung soweit, die Existenz des Proletariats im Westen überhaupt zu leugnen, weil sie angeblich an der Ausbeutung der Völker der Dritten Welt beteiligt sein sollen, was allerdings dazu führt, daß man den revolutionären Kampf auf den Ausdruck einer einfachen internationalistischen, auf die Dritte Welt ausgerichteten Solidarität verkürzt, die außerhalb des Hauptrahmens für jede nationale, sozial-ökonomische Formation steht, nämlich der Klassenkampf auf nationaler Ebene. Solche Standpunkte, die charakteristisch sind für den kleinbürgerlichen Intellektualismus, treffen sich mit dem Kretinismus der unwissenschaftlichen, subjektivistischen Auffassungen von einer angeblichen « Verbürgerlichung » der Arbeiterklasse ( was dann durch die Anziehungskraft der Randgruppenexistenz ausgeglichen würde ). Das sind nur rein kulturelle Rechtfertigungen der derzeitigen Passivität jener, die sich als Revolutionäre bezeichnen und sich nur der Radikalisierung des Klassenkampfs durch einen kommunistischen bewaffneten Kampf unter proletarischer Führung widersetzen wollen.

Weit davon entfernt, sich in einem materiellen Wohlstand aufzulösen, der die Unterschiede zwischen den Klassen durch eine gerechte Neuverteilung der den Völkern der Dritten Welt abgepreßten Superprovite einebnet, vergrößern sich die sozialen Ungleichheiten auf allen Ebenen nur noch mehr. In Frankreich z.B. besitzen der INSEE zufolge 1980 5 % der reichsten Haushalte 69 % des Gesamtvermögens ; die Kluft zwischen den Einkünften der 125.000 reichsten Haushalte und den 10 % der ärmsten hat das Verhältnis 1:1000, und übrigens mit steigender Tendens seit dem 2. Weltkrieg. Außerdem ergeben sich hierbei sehr starke regionale Unterschiede ( was übrigens dazu beiträgt, die schwachen Versuche, Westeuropa als ein vereinheitlichtes Feld zu betrachten, in dem sich eine einheitliche revolutionäre Politik entfalten könnte, in Frage zu stellen ), wenn man weiß, daß über 5 % der Bevölkerung Südeuropas in absoluter Armut lebt.

Diese Lage verschlechtert sich für das Proletariat laufend. 1985, also dieses Jahr, weist die INSEE auf, daß bei den Nettolöhnen für 1984 72 % der Lohnabhängigen des privaten und halböffentlichen Bereichs weiniger als 5660 FF pro Monat verdienen. In vier Jahren « Sozialismus auf französische Art » sind die Löhne der 10 % bestverdienenden schneller gestiegen als die der untersten 10 %. Die Frauen werden auch 1984 im Durchschnitt rund 1/4 schlechter bezahlt als die Männer. Allein 1984 ist die Zahl der 15- bis 24jährigen Erwerbstätigen um 226.686 Personen zurückgegangen ; von 334.306 Jugendlichen unter 24 Jahren, die zwischen März 1983 und März 1984 ins Berufsleben eingetreten sind, sind 140.193 arbeitslos geworden und 124.889 haben einen nicht gesicherten Status ( nur 69.224 sind « normale » Erwerbstätige geworden ).

Der Klassenkampf als natürlicher Ausdruck des Konflikts zwischen Arbeit und Kapital stößt auf Wirtschaftsmechanismen, welche die Gesetze des Markts und der kapitalistischen Akkumulation und Reproduktion regeln, und diese Konfrontation hinsichtlich des Preises der Arbeitskraft trägt zur natürlichen Tendenz des Sinkens der Profitrate bei, die sich in der derzeitigen historischen Periode nur noch weiter beschleunigt, weil sich diese durch das imperialistische Phänomen als Ausdruck der erweiterten Reproduktion des Kapitals außerhalb der ursprünglichen Produktionszentren gekennzeichnet hat und weil sie durch die nationalen Befreiungskämpfe und die Ausweitung der sozialistischen Regimes auf den Widerstand des Weltproletariats gestoßen sind.

Um diese Tendenz des Sinkens der Profitrate aufzufangen muß natürlich die Ausbeutungsrate erhöht werden. Das versucht man durch eine Verlagerung der imperialistischen Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise in die Bereiche mit hoher Produktivitätsrate, der imperialistischen Metropolen selbst, zu erreichen. Es ergibt sich eine intensivere Ausbeutung der Arbeit und somit auch eine Erhöhung der Produktivitätsrate. Die Entsprechung dieses Prozesses in den beherrschten Ländern ist in diesem Fall die verstärkte Unterentwicklung durch eine Überspezialisierung in den Leichtindustrien ( als Unterlieferanten der Industrien der imperialistischen Metropolen ) mit geringer Qualifikation und sehr niedrigen Löhnen. Diese imperialistische Umgliederung erfolgt in dem Rahmen, der durch die sogenannte Wirtschafts « krise » vorgezeichnet ist. Doch täuschen wir uns nicht, es handelt sich mehr um eine Wachstums « krise » als um die Ankündigung eines bevorstehenden spontanen Bankrotts. Nicht umsonst sind wir zu dem Punkt gelangt, daß Finanzkreise beunruhigt einer möglichen Wahlniederlage der Sozialisten bei den bevorstehenden Wahlen entgegensehen : in vier Jahren Sozial-Faschismus hat sich der Börsenumsatz vervierfacht, während er unter der vorherigen Regierung rückläufig war, der Gesamtwert der Aktien der Pariser Börse ist von 200 Milliarden FF 1981 auf über 500 Milliarden 1985 gestiegen, die Darlehen sind von 580 Milliarden FF in 1981 auf 1212 Milliarden in 1984 gestiegen, die französische Werte ( Aktien und Obligationen ) sind 1984 um 16,4 % gestiegen und 1983 sogar um 56 %. Es steht also nicht alles so schlecht für das Kapital ! Die Krise bedeutet also nicht eine wirkliche Schwächung des Kapitalismus, das in seine entwickelte imperialistische Phase gelangt ist, sondern im Gegenteil die Geschichte zeigt uns, das der Kapitalismus fortschreitet und sich durch die Krisen hindurch entfaltet, welche das Spiel seiner inneren Widersprüche offenlegen. In diesem Kontext müssen wir unsere heutige Lage sehen.

II.            Bewaffneter Kampf und legale politische Aktion

1.         Der bewaffnete Kampf kann nicht das spontane Produkt der Massenbewegung sein.

Alles hängt davon ab, was man unter bewaffneten Kampf versteht und welche Rolle man ihm zuerkennt. Es kann sich um eine einfache Form des Kampfes handeln, deren Besonderheit nur darin liegen würde, sich dort anzusiedeln, wo man ein erhöhtes Gewaltniveau wahrnimmt. Die bewaffnete Struktur würde also darauf abzielen, der bewaffnete Arm der Massenbewegung zu sein, der die Ebenen der Konfrontation übernehmen würde, die für die legalen Strukturen zu hoch sind. In diesem Fall würde die bewaffnete Struktur aus der legalen Struktur hervorgehen und damit aus einem Prozeß, der zumindest teilweisen Radikalisierung dieses legalen Teils, was von vorneherein enge Bindungen zwischen den beiden und die Beibehaltung dieser Verbindungen durch eine gegenseitige Durchdringung der beiden Strukturen impliziert. In dieser Perspektive kann man also als Hauptaufgabe festhalten, die durch die Legalität definierten Räume maximal zu besetzen. Die Entwicklung der Guerilla erfolgt dann in Form einer bewaffneten « Bewegung », als Fortsetzung der legalen Bewegung. Schematisch ist das etwa die Entscheidung, die Gruppen wie Prima Linea ausgehend von der autonomen Bewegung, die Bewegung 2. Juni, die abgespaltene Gruppe der Napap die gegen uns gestellt hat, Action Directe ( deren Problem es am Amfang ist, daß das rasch schief gelaufen ist ) usw. getroffen haben.

Diesen Konzeptionen von bewaffnetem Kampf entsprechen aus theoretischer Sicht dem, was die Theorien der autonomen Bewegung waren ( in ihren subjektivistischen wie in ihren arbeiterorientierten Versionen ). Auf der subtilsten Ebene entspricht dies den Gedankengängen im Stil von Guattarri-Deleuze, einer Moliekularisierung der Kämpfe durch ein Netz von Kluften und Freiheitsräumen, die sich aus Strömen von Wünschen ergeben und die man soziologisch als die Forderung nach zu erfüllenden Unterschieden ( Selbstaufwertung dieser oder jener Kategorie usw. ) bezeichnen könnte. Es handelt sich dabei um den Willen zur Dekodierung, das heißt nach Überwindung der von den herrschenden Strukturen zugewiesenen Territorien. Das klingt verführerisch, doch muß man sehen, daß diese Entterritorialisierung nur auf Wünschen und Realitäten beruhen kann, die Produkte oder Bestandteile der strukturellen Tätigkeit selber sind ( es sei denn man ist philosophisch völlig Idealist ). Das bewirkt, daß die Besetzung sogenannter entkodierter Bereiche faktisch nur der Ausfüllung und Verstärkung der Räume entspricht, die strukturell durch das System mit dem Ziel, seinen eigenen Funktionsbedürfnisse zu erfüllen, definiert sind ( Räume der Machtausübung oder Ausbeutung ). Diese Entscheidungen scheinen mir somit voll den Interessen des derzeitigen Systems und seines permanenten historischen Entwicklungs-und Ausbauprozesses zu entsprechen. Und die in der von Wirtschaftlern, Soziologen, Politikern und verschiedenen Zukunftsforschern der bourgeoisen Herrschaft empfohlenen Entwicklung in Richtung auf das, was sie eine « duale » Gesellschaft nennen ( in einer Umgruppierung der Machtszentren, die man militärisch als strategische Zentralisierung und taktische Dezentralisierung bezeichnen könnte ). Natürlich preist dies alles in einer pseudo-« marxistischen » Sprache, gespickt mit unverständlichen Wortneuschöpfungen und Italianismussen, die ausserhalb Italien keinen verständlichen Sinn haben [ Vergleiche für die arbeiterorientierte Version : Die Strömung der Ex-Zeitung "Clash" und die italienische Fraktion der ebenfalls eingegangenen Zeitung "L'Internationale" ; für die subjektivistische Außenseiter-Version : Die Strömung der kleinen Zeitung "Molotov und Konfetti ] einen perfekten klassenübergreifenden Standpunkt, der auf dem Vorrang des kulturellen Verhaltens basiert.

Doch der subjektivistisch aufgefasste bewaffnete Kampf als sozialkulturelles Verhalten, der Ausdruck eines besonderen « Raums » in einem Mosaik weiterer Räume, als « Unterschied » als einer der « 1000 Plattformen » ist, kann nur eine gettoisierende, selbstmörderische Praxis sein. Auch suchen wir ganz im Gegenteil nach dem Zutagetreten und der Entwicklung eines fortschreitenden Prozesses, der organisiert und politisch zentralisiert ist und nicht mit zerstückelten Flächen übereinstimmt, sondern ganz im Gegenteil die Vollständigkeit der historischen Formation durchdringt. Wir sehen im bewaffneten Kampf ein Instrument der revolutionären Strategie, der organisierten Klasse mit historischer Funktion. Dabei ist jeder dieser Begriffe in seiner vollsten Bedeutung zu verstehen.

Das bedeutet, daß es sich nicht um eine von mehreren Formen des Kampfes handelt, sondern daß er sich als Ausdruck einer Politik versteht, die auf die gesamte Umwandlung der Gesellschaft abzielt. Also unterscheidet es sich sehr von einem beschränkten beanspruchenden Vorgehen und anstatt an struktureller Zerstückelung zu heften, wird hier versucht, die zahlreichen Widersprüche ins Lot zu bringen indem klar gemacht wird, was letzten Endes das Hauptmittel zum Lösen des sozialen Widerspruchs ist. Und das mit einem vollständigen Verstehen der Realität, nicht schematisch oder durch verkürzenden Dogmatismus, sondern weil die Wahrheit in dieser Totalität der objektiven Realität steckt, einer Totalität die sich aus der Tatsache erhält, daß es praktisch keinen Aspekt der Existenz mehr gibt, der sich der kapitalistischen Produktionsweise entziehen könnte. Die andere Quelle dieser Zusammenrechnung ist selbstverständlich die geschichtliche Bewegung ( und oberhalb der Geschichte gibt es noch einmal eine weitere zusammenrechnende Kraft, doch das ist ein anderes Problem ! ) und die Eigenart dieser geschichtlichen Bewegung ist es, Fragen klassenbezogen zu stellen, als Zusammenstoß zwischen Klassen, als zu erleidende oder auszuübende Kraft.

Allerdings ist zu präzisieren, daß diese Konzeption nicht in Sektierertum führen soll, was die Verschiedenartigkeit der Praxen und der Meinungen betrifft, da wir denken, daß die organisierte Bewegung des bewaffneten Kampfes sich nicht in der Form zeigen wird, daß die heute bestehenden Strömungen zerfallen, sondern durch paralleles Auftreten eines wirklich neuen Prozesses ; in gleicher Weise wie die bolschewistische Bewegung nicht das Auslöschen der revisionistischen Sozialdemokratie und der sozial-revolutionären oder freiheitlichen Strömungen gebraucht hatte, auch wenn sie sich auf die Kritik an diese abstützte, sondern sich als neue Alternative durch Rückgriff auf die wissenschaftliche Methode eines authentischen Marxismus als Instrument zur Analyse der Totalität der russischen Realität dieser Zeit entwickelt hatte.

2.         Die Probleme des Übergangs von legal zu illegal.

Das Verhältnis zwischen den Raum für die legale politische Arbeit und den illegalen Strukturen kann nicht als von vorneherein bestimmt betrachtet werden, sondern in der dialektischen Perspektive der Bewegung die passend für diese zwei Strukturarten ist. Dies ermöglicht es drei Schemas hervorzuheben :

a)  Daß die Guerilla als Ergebnis der Entwicklung der internen Widersprüche der legalen Bewegung und des Prozesses der Radikalisierung / Bewußtseinsbildung erscheint ;

b)  Daß die legale Bewegung die Peripherie des radikalsten und damit organisierten und bewaffneten Kerns ist, und daß sie sich um die Guerilla herum entwickelt ;

c)  Daß die legale Bewegung und die bewaffnete Struktur sich parallel in dieser organisierten dialektischen Wechselwirkung entwickeln, wie wir weiter unten im Text präzisieren werden.

Die zweite Perspektive erscheint schwer zu realisieren, da die Guerilla historisch gesehen sekundär gegenüber der legalen Bewegung ist, man würde also eine Zersetzung von dieser benötigen, damit die Guerilla zum zentralen Raum werden kann, um den sie sich entwickeln würde. Außerdem ist es klar, daß die Entwicklung des bewaffneten Kampfes ein Bewußtwerden mit sich bringen muß, die ideologische und politische Umwandlung, die Ausdehnung der revolutionären Ideen, doch ist nicht sicher, daß diese Ausdehnung zu einer Entwicklung der legalen Bewegung führt, denn die Guerilla wirkt zwar auf das Kräfteverhältnis ein, jedoch durch die Zuspitzung der Widersprüche, wodurch sie zur Erhebung des Gewaltniveaus des Zusammenstosses beiträgt. Das impliziert eine starkere allgemeine Militarisierung und Unterdrückung, wodurch der Raum der legalen Freiheiten eingeengt wird und damit objektiv die Möglichkeiten zur Entfaltung der legalen Bewegung eingeschränkt werden.

Die erste Perspektive, daß nämlich die Guerilla das Ergebnis der ( teilweisen oder allgemeinen ) Radikalisierung der legalen Bewegung ist, stellt den Fall dar, der uns am meisten entgegengestellt wird. Wenn die legale Bewegung zwar direkt zum bewaffneten Kampf führen kann, dann nur über einen Aufstandsprozeß. Damit verfällt man wieder in die Illusion der linksradikalen Gruppen, die denken, daß das leninistische Schema von 1917 auf jede beliebige historische Lage übertragbar sei, und es darum gehe die Massen durch legalen Militantismus darauf vorzubereiten ( was sie seit 60 Jahren tun ohne auch nur einen Schritt vorangekommen zu sein ) bis die Lage wunderbarerweise reif ist für den großen Abend. Wenn es angesichts dieser Perspektive nur das Projekt des Aufstands geben kann, dann weil man sich schlecht vorstellen kann, wie die Guerilla, die eine klandestine politisch-militärische Strukturierung voraussetzt, sich auf der selben Ebene wie die legale Bewegung entwickeln soll, insofern deren offenes Auftreten die Guerilla allzu durchlässig für Geheimdienstaktivitäten und Angriffe des Feindes machen würde.

Weiter gibt es zwei Sperren, die eine ist ideologisch, die andere ist politisch.
Auf ideologischer Ebene. Der Unterschied zwischen bewaffneten Kampf und legaler Aktion ist nicht quantitativ sondern qualitativ. Der Übergang von der einen zur anderen Form kann somit nicht durch eine lineare und homogene Entwicklung, sondern nur sprungweise erfolgen. Das führt dazu, daß es für jedes Problem zwei Möglichkeiten geben kann, die eine illegal, die andere legal. Man darf nie vergessen, daß wir in einem System des politischen Liberalismus leben, die politische Form der bourgeoisen Diktatur ist hier die Demokratie, und wenn wir mit etwas unzufrieden sind, so gibt es eine Auswahl legaler Mittel, um uns auszudrücken
 : Demos, Flugblätter, Zeitungen, Wahlzettel usw. Auch ist der bewaffnete Kampf etwas ganz anderes, als ein äußerstes Mittel, das man aus Verzweiflung einsetzt. Robespierre hat mit Recht gesagt, Ludwig den XVI zu töten, sei kein Akt der Gerechtigkeit, oder Ausdruck der Unmöglichkeit, es anders zu machen, sondern eine « politische Entscheidung » und genauso müssen wir hier den bewaffneten Kampf betrachten : nicht als äußerstes Mittel, sondern als eine mit kühlen Kopf getroffene rein politische Entscheidung, die wissenschaftlich durch ihre Funktion in einer rationell überlegten revolutionären Strategie gewählt wurde.

Andererseits denken wir nicht, daß man den bewaffneten Kampf nicht richtig in seiner allgemeinen strategischen Funktion sieht, und somit die illegale Aktion als einzige Antwort auf eng begrenzte Probleme begrenzen würde ( Antifaschismus, Antirassismus, Antiatomkraft usw. ) wenn man begreift, außer man hat nur eine begrenzte und bruchstückartige Sicht, daß diese Fragen nicht von ihrem Kontext abgesondert werden können und daß man sich zur Ohnmacht verurteilt, wenn man einen radikalen Ansatz auf besondere Bereiche beschränkt.

Es gibt eine Vielzahl von Strukturen, die sich im legalen Raum entwickeln und mehr oder weniger radikal sind, Protest oder Forderungen, die durch die Tatsache gekennzeichnet werden können, daß sie nicht die Machtfrage stellen, sondern einzig und allein den Grad der Autonomie und der Einrichtung innerhalb der geltenden Rahmen. In dem Maß, in dem es sich um vereinzelte Bereiche handelt, die immer mit einem ganz spezifischen Problem verbunden sind, kann es in ihrem Innern keine Umwandlung in Richtung des bewaffneten Kampfes geben ( sofern man in ihr die Funktion einer echten revolutionären Strategie sieht, daß heißt einschließlich der Übernahme der Staatsmacht ). Diese legalen Räume, in denen sich die sogenannte « zivile Gesellschaft » gegen den Staat äußert, diese sind ein bißchen mit den Gewerkschaften vergleichbar, die die Hochburgen des Widerstands der Arbeiter sind, was eine notwendige Funktion ist, die jetzt auch in den nicht produzierenden Bereichen ausgeweitet werden kann, da sich die kapitalistische Produktionsweise inzwischen auf alle Lebensbereiche erstreckt. Aber, in gleicher Weise wie früher die Gewerkschaften weder mit der Partei identisch waren, noch die Struktur bildeten die auf die Gründung der Partei abzielte, kann die Gesamtheit der legalen Organe auch nicht Träger der Erfahrung, der Fähigkeit der Synthese und der organisationellen Strukturierung sein, die für die Entwicklung eines bewaffneten Kampfs mit wirklich strategischer Funktion erforderlich sind. Wie soll auch ein Kollektiv, das durch Antifaschismus oder gegen Repression oder durch die Unterstützung von Gefangenen oder irgendetwas anderes vereinigt ist, im Rahmen dieser spezifischen Aktivität die für ein wahres revolutionäres Projekt erforderliche historische Analyse durchführen ?

3.         Grenzen der Legalität und Klassenstandpunkt.

Ein revolutionäres historisches Verständnis kann sich nur aus einem Klassenstandpunkt ergeben. Das ist sicher das Hauptproblem, radikal sämtliche soziale Strukturen durch die Zerstörung des bourgeoisen Staats und die Machtübernahme verändern zu wollen, auf den Kommunismus hinzugehen, was voraussetzt, die Bewegung der Geschichte verstanden zu haben und sich in sie einzuordnen. Diese Bewegung ist die des Klassenkampfs, es geht daher darum, sich als Klasse einzuordnen, das heißt, sich die praktischen und theoretischen Mittel dieser Dialektik zu verschaffen die aus der Verwirklichung des Proletariats als Klasse die Voraussetzung für seine Abschaffung macht, Verwirklichung impliziert : Klassenidentität, Klassenbewußtsein, Klassenstandpunkt. Da die Kräfte die die Geschichte machen die Klassen sind, kann das revolutionäre Projekt nur mit dem Prozeß des Erwerbs eines Klassenbewußtseins durch das Proletariat zusammenfallen. Und man kann sich schlecht vorstellen, wie dieser Prozeß aus dem Spiel zerstückelter legaler, beschränkter Strukturen entstehen soll, die im allgemeinen keinen Klassenstandpunkt annehmen, sondern im Gegenteil einen klassenübergreifenden Standpunkt aufgrund von mehr oder weniger opportunistischen Begriffsverwirrungen befürworten, mit denen der Antagonismus der objektiven Klasseninteressen durch die Widersprüche zwischen Kategorien ersetzt werden sollen, die durch sozial-kulturelle Verhaltensweisen bestimmt sind ( das « Individuum », gegen den Staat, der « Jugendliche », eine individuelle Sensibilität für dieses oder jenes besondere Problem usw. ). Die komischsten Beispiele finden sich in dem, was die « autonome Bewegung » war und die davon noch verbliebenen Einflüße, wenn wir etwa sehen, wie das Konzept des « jungen Proletariers » erfunden wird ( oder noch aktueller und noch komischer : der « Stadt-Proletarier » was überhaupt nichts aussagt ), ein Konzept, das für die, die damit umgehen den jungen Arbeiter bedeutet ( als wenn er andere Interessen hätte als der ältere Arbeiter ! ), den Vorstädter, den Gymnasiasten in der Phase der Umbruchs zum Erwachsenwerden, den Studenten, der in den Ferien arbeitet und sich kulturell etwas anders verhält als wenn er einige Jahre später zum leitenden Angestellten oder Unternehmer geworden ist.

Dieser Raum der legalen politischen Tätigkeit ist somit in klassenübergreifende Spezialisierungen zerstückelt, während der bewaffnete Kampf der Ausdruck eines organisierten revolutionären Projekts sein muß, dessen Existenz nur auf Klassenstandpunkte, auf der Herausbildung des Klassenbewußtseins beruhen kann.

Auf politischer Ebene haben die Entwicklungsgrenzen der legalen Strukturen externe und interne Gründe.

Die externen Gründe beruhen insbesonder auf der Entwicklung der Mechanismen der sozialen Macht, entsprechend den Erfordernissen der Entwicklung des Imperialismus. Wir sehen darin die außerordentliche Fähigkeiten der bourgeoisen Macht, Dinge aufzunehmen und zu regenerieren ( es ist nicht umsonst, wenn Soziologen, Psychologen usw. vom Staat bezahlt werden, um « alternative » Bewegungen und « neue soziale Bewegungen » zu studieren und anzuregen ).Es gibt die Tendenz einer Ausweitung der lohnabhängigen Arbeit und der Proletarisierung in Richtung einer wachsenden sozialen Bipolalisierung. Die politische Macht muß sich dieser Realität anpassen, deren Eigenart darin besteht, daß sie ( um den Bruch zu vermeiden ) eine verstärkte Führung, eine vollständigere und wirksamere Beherrschung erfordert, was zu den Versuch führt, den Klassenkampf zu zersplittern, indem die innere Geschlossenheit der Übereinstimmungen der Klasse gebrochen wird. Die bourgeoise Macht versucht das Klassenkonzept im kollektiven Bewußtsein durch den Begriff der Zugehörigkeit zu sozial-kulturellen Verhaltensweisen zu ersetzen ( « Jugendliche », Ökos, Homosexuelle, Punks, « linkes Volk » und wie sie alle heißen ). Ein perfektes Beispiel ist die Erfindung des Begriffs der « Beurs » [ Jugendliche(n) aus Nordafrika ] durch die Manager des Sozialfaschismus und des Zionismus, um damit einerseits zu versuchen, die arabisch-islamische Identität zu zerbrechen und andererseits auch um die soziale Klassenidentität des arabischen Gastarbeiterproletariats zu Fall zu bringen. Wenn es nicht durch das kulturelle Verhalten oder die ideologische Sensibilität geschieht, dann lasen sich diese Kategorien mittels einer untergeordneten wirtschaftlichen Eigenschaft fabrizieren, die jedoch so herausgestellt wird, daß sie gegenüber den Produktionsverhältnissen als überragend betrachtet wird.

Indem die bourgeoisen Diktatur ( ihre Massenmedien und intellektuellen Machtsstrukturen ) die Überlegenheit der Soziologie über die Volkswirtschaft organisiert, wird dem Freiraum der Legalität, der durch den Nebelstorm der Vereinigungskollektive und der sogenannten Alternativbewegungen durchzogen ist, die Aufgabe übertragen die Klasseninteressen heterogen zu machen, die Proteste aufzusaugen indem sie mit neuen Freiheitsräumen versorgt werden in denen sie sich austoben können, die subversiven Tendenzen lahmzulegen indem sie im Sinn der herrschenden Ordnung lahmgelegt werden.

Während der Imperialismus die große monopolistische Konzentration und die weltweite Erfassung der kapitalistischen Produktionsweise organisiert, kann er es sich leisten, soziologisch und ideologisch Räume für Formen der Selbstverwaltung freizugeben ( die allerdings von jeder Entscheidung in Grundsatzfragen ausgeschlossen bleiben ). Räume für die Meinungsäußerung und das Abreagieren, die bis ins Unendliche besetzt werden können, denn wenn eine Gruppe oder eine Strömung nicht mehr gefällt, braucht man nebenan nur eine neue zu gründen, was zu noch mehr Verschiedenartigkeit und Ohnmacht führt. Man muß also begreifen, daß der durch die Legalität begrenzte Raum der politischen Existenz genau der ist, durch den die imperialistische Macht selbst wirkt, sich entwickelt und entfaltet. Je besser der Raum der Legalität ausgefüllt ist, um so mehr wird seine Funktion verwirklicht und um so weniger kann es der mögliche Ort für eine wahre Subversion sein.

Es gibt auch noch interne Gründe, weshalb ein evolutionistische Übergang der legalen Bewegung zum bewaffneten Kampf unmöglich ist. Dieser sogenannter Raum der Legalität funktioniert indem er Kräfte schafft und verteilt, Mächte die also nur durch die Tätigkeit der Legalität weiterbestehen können. So wird er zum bevorzugten Raum des Klein-Bürgertums, weil es dort die spezifische, ihm zugewiesene politische Funktion ausüben kann, das heißt dort wo die Verwaltung der Ideologie und der Politik der bourgeoisen Diktatur stattfindet. Das Kleinbürgertum ist der politische Transmissionsriemen zwischen der kapitalistischen Bourgeoisie und den proletarischen Massen, es ist voll und ganz Treuhänder und Wächter der Interessen des Kapitals.

Und so verwaltet dann das intellektuelle Kleinbürgertum die legalen Bewegungen, alle « Alternativen », Antirepressiven Bewegungen, die linksradikalen Gruppen, die Solidaritätsbewegungen, kulturelle Kreativbewegungen, philosophische Bewegungen, alle Organe des Ausdrucks.

Wie soll man sich vorstellen, daß die Inhaber einer solchen politischen und ideologischen Macht darauf lächelnd verzichten könnten ? Denn der Übergang zum bewaffneten Kampf setzt die Aufgabe dieser Macht voraus, nicht weil sie die Hierarchie oder weil sie die Beteiligung von Kleinbürgern ausschließt, sondern einzig und allein, weil in diesem Raum der Legalität die Macht dieser Kategorie über die ideologischen und politischen Bewegungen wesentlich zu ihrer offiziellen Funktion gehört, so wie sie ihr durch die Produktionsverhältnisse zugewiesen und im allgemeinen vom Staat belohnt wird, ein Verhältnis, daß natürlich unmöglich wird, wenn man einen bewaffneten Kampf führt !

Jeder hat unzählige Beispiele im Kopf, die aus den genannten Gründen deutlich die Unmöglichkeit zeigen, sich schrittweise von der Macht des Kleinbürgertums in legalen Strukturen zu lösen. Sobald diese Kategorie sieht, daß die Macht ihr entgleitet, reagiert sie mit Gegnerschaft und sabotiert, verrät, vernichtet die Strukturen, deren tatsächliche Leitung sie hat. Diese Macht entgleitet ihr in der Illegalität, und wenn auch nur aufgrund des konspirativen Charakters des Vorgehens das notwendig ist, und das zum Bruch zwischen der beruflichen und halbberuflichen öffentlichen Tätigkeit einerseits und der politischen Aktivität andererseits führt ( während die existenzielle Eigentümlichkeit des intellektuellen Kleinbürgertums gerade auf der « Nicht-Trennung » zwischen bezahlter und kostenloser sozialer Aktivität beruht ). Übrigens ist das auch bestimmt der Grund dafür, daß die psychologische Charakteristik des intellektuellen Kleinbürgertums in Fragen des bewaffneten Kampfs zugespitzte Paranoia ist, man hält sich für das Ziel eines Komplotts, übernimmt eine Bullensichtweise der Geschichte, indem man überall Infiltrationen oder Manipulationen sieht, glaubt sich vom Faschismus, vom Krieg oder was sonst noch bedroht, gefällt sich in einer beschreibenden Analyse der Repressionspraxis, um sich nur um so mehr davon zu überzeugen, daß man besser zuhause bleibt. Das ist also ein weiterer Grund, weshalb der Übergang von der legalen Bewegung zum bewaffneten Kampf nicht in einer linearen Vorwärtsentwicklung erfolgen kann, weil es zu viele politische, ideologische, aber auch psychologische und polizeiliche Sperren gibt, die sich einer schrittweisen Radikalisierung innerhalb eines legalen Rahmens entgegenstellen, der zu einem wirklich revolutionären Prozeß und damit zum bewaffneten Kampf führen könnte.

Diese Zeilen verfolgen ein deutliches Ziel, nämlich über die Funktion des bewaffneten Kampfes zu sprechen, so wie er hier und heute notwendig ist, deshalb werden wir auch nicht über die legale politische Arbeit sprechen sondern nur in ihrem Bezug auf den bewaffneten Kampf darauf hinweisen. Die legale politische Aktion gehört in andere Diskussionen. Wir wollen hier nur, ehe wir sie hier genauer wiederfinden werden, die großen Grundzüge der legalen Aktion in ihrem Verhältnis zur bewaffneten Aktion und in ihrer allgemeinen Notwendigkeit darstellen :

— Das ist der Rahmen, in dem der kommunistische Kämpfer die militante politische Erfahrung erwerben muß, die notwendig für ihre Wirksamkeit in der Guerilla ist.

— Die legale Aktion fördert die revolutionäre Bewußtseinsbildung der Volksmassen, die damit empfänglicher werden für die Ziele des revolutionären bewaffneten Kampfes und natürlich auch für die Notwendigkeiten seiner quantitativen Entwicklung ( ohne Verbindung mit einer legalen politischen Aktion, die weitergehend öffentlich ist, wäre eine Guerilla von den Massen isoliert und damit zum vegetieren verurteilt, sie könnte sich nicht mehr entwickeln und ihr Schicksal wäre einzig und allein von den Risiken der Repression abhängig ).

— Die legale politische Aktion bildet den Raum, durch der die kämpfenden kommunistischen Kräfte ihre politische Linie aufbauen und richtige strategische Richtungen einschlagen können, sowie ein korrekte Praxis hinsichtlich der objektiven und subjektiven Interessen der breiten proletarischen Massen verfolgen können. Denn die legale politische Aktion ist der Hauptrahmen für die Anwendung der Massenlinie : von den Massen ausgehen um zu ihnen zurückzukehren. Durch die systematische politische Untersuchung müssen die wirklichen Bedürfnisse und Kapazitäten der Volksmassen ergriffen werden und dann muß daraus eine Aktionslinie entwickelt werden, welche die Synthese der fortgeschrittensten Ideen der Massen darstellt ( denn richtige Ideen von den Massen, kommen einzig und allein von den Massen und nicht von den Analysen dessen, was die Verwalter des Feindes erzählen. Man erfährt mehr an der Theke einer volkstümlichen Kneipe als in den neuesten Berichten der Trilateralen, der NATO oder anderer, zumindest wenn man die Revolution machen will ). Diese Synthese muß mit Hilfe verschiedener uns zur Verfügung stehender Instrumente ausgeführt werden, insbesonders des Marxismus-Leninismus, aber auch der Intuition für das was richtig ist und für den tiefen Sinn unseres langen Marsches. Diese Synthese muß dann an die Massen zurückgegeben werden durch Information, Agitation, militante Propaganda und revolutionäre Aktionen. Die Wirkung der politischen Intervention, bewaffnet oder nicht, muß dann innerhalb der Massen abgeschätzt werden und zu einer neuen Synthese führen, usw. - in einem dialektischen Vorrücken.

— Die legale politische Aktion ist der Rahmen in dem der Kämpfer seine Motivierung und seine ideologische Entschlossenheit erwirbt, was nur möglich ist, wenn er die wirklichen Lebensbedingungen der Proletarier kennt, Kenntnis, die voraussetzt um objektiv zu sein, daß man auch die Kämpfe der Massen teilt.

— Der für die kommunistischen Kämpfer vorzugsweise in Frage kommenden Rahmen der politischen Aktion ist nicht der der « alternativen » Strukturen oder des Protests gegen diese oder jene Institution, insofern daß diese Strukturen häufig klassenübergreifend sind und besonders kleinbürgerliche Kategorien oder Randgruppen betreffen, die zwar unruhig sind, jedoch für die Revolution von keinerlei Interesse sind. Der Rahmen der legalen politischen Aktion muß somit einzig und allein durch die Klassenanalyse bestimmt werden, durch eine objektive Analyse der sozialen Zusammensetzung des Kreises in dem man tätig wird, an dem man sich wendet. Folglich muß dieser Rahmen proletarisch sein, wir müssen uns an die Arbeiterklasse und an die übrigen authentischen proletarischen Schichten wenden, was objektiv und nicht subjektiv betrachtet werden muß. Das Proletariat ist festgesetzt durch seinen objektiven Platz in den Produktionsverhältnissen und nicht durch subjektive Kriterien wie die « Revolte », Kriminalität oder andere Verhaltensweisen von Minderheiten, zumal diese Art von subjektiven Kriterien allgemeine Kategorien des Kleinbürgertums oder des Lumpenproletariats bezeichnen, das heißt Kategorien, die sich vielleicht zum Teil der Revolution anschließen werden, die jedoch keinesfalls darin eine andere als eine völlig untergeordnete Rolle spielen können.

III.         Aktualität der Staatsfrage

1.        Klassenkampf oder Kampf gegen den Staat ?

Eine sehr wichtige Frage, auf die wir häufig bei unseren Widersprechern stoßen, sowohl denen, die sich gegen dem bewaffneten Kampf widersetzen, als auch denen, die wie Action Directe oder gewisse anarchistische Gruppen zwar den bewaffneten Kampf praktizieren, jedoch auf nicht-marxistische Grundlagen, ist das Problem des Staates, das Verständnis das man davon hat und wie es sich in unseren Kampf einfügt.

Objektiv ist der Staat nichts anderes als das Instrument der Diktatur einer Klasse, also heute das Instrument der Bourgeoisie. Als Kommunisten wollen wir natürlich die Abschaffung jedes Staates erreichen, da wir für eine klassenlose Gesellschaft kämpfen und da der Staat sich nur durch die Existenz der Klassen ausdrückt. Jedoch verwechseln wir nicht die Ursachen und die Wirkungen, ein Gesellschaftssystem und ein einfaches Rädchen darin, eine herrschende Klasse und ihr politisches, verwaltungs und militärisches Herrschaftsorgan. Der Hauptfeind ist sicherlich nicht der Staat und natürlich noch weniger die wenigen transnationalen bürokratischen Strukturen, mit deren Hilfe die imperialistischen Staaten vergeblich versuchen, ein wenig leitende Ordnung in die Anarchie zu bringen, die ihr System charakterisiert ( doch das verstehen unsere neuen Sozialrevolutionäre, Luxemburgisten und Neo-Bundisten, bewaffnete Version nicht, da könnte man sich kaputtlachen ... ).

Andererseits wollen wir auch nicht die Vorstellung vom Staat als großen bösen Wolf ersetzen durch die schrecklicher egoistischer und habgieriger Bürger, denn es geht in erster Linie weder um Einzelpersonen noch ihre bürokratische Apparate, sondern im wesentlichen um eine Produktionsweise, die kapitalistische Produktionsweise, die dem gesamten Herrschaftssystem und damit auch dem Staat usw. zugrunde liegt. Den Staat an sich oder die Bourgeoisie an sich als « Hauptfeind » zu betrachten, läuft darauf hinaus, daß man nur Symptome sieht, denn man wird weder die Bourgeoisie noch den Staat zerstören, wenn man nicht die derzeitige Produktionsweise vernichtet.

Allerdings trifft es zu, daß nach einer derzeit recht verbreiteten Tendenz der Staat als eine Art Menschenfresser angesehen wird, der im allgemeinen für alle Übel verantwortlich ist. Wenn man den Staat nicht als Produkt einer bestimmten Produktionsweise betrachtet, dann müßte er das Ergebnis einer imaginären « menschlichen Eigentümlichkeit » sein, die sich in Form von Machtgelüsten bei bestimmten Individuen äußert. Diese These offenbart sich entweder durch utopische Theorien oder durch den Reformismus. Ein Reformismus, der sich im wesentlichen in den 3 folgenden Tendenzen äußert. Die so genannte Rechtsextreme, die Neo-Liberalen und die « neuen Philosophen » häufig ehemalige Linksradikale, die sich zum Antikommunismus und einem fanatischen Zionismus im Dienst der Verteidigung der Demokratie bekehrt haben, deren These es ist, einen Staat in Form von möglichst wenig Staat vorzuschlagen, wie Bernard-Henri Lévy sagt. Die zweite große Tendenz ist die des traditionellen « Zentrums » das heißt der Sozialfaschismus, wie er in Frankreich herrscht ( die Sozialdemokratie charakterisierte bereits die vorangegangenen Regimes, insbesondere das von Giscard, das vielleicht selbst noch mehr sozialdemokratisch war als die Mitterrand-Bande, und die Sozialdemokratie wird auch noch das Hauptcharakter für das französische politische Regime nach 1986 und 1988 sein ). Dieser Strömung können wir alle die zurechnen, die Parasiten der Bourgeoisie-Macht sind, diejenigen, welche « links von der Linken » stehen, die linksradikalen Grüppchen, deren Neo-Revisionismus sich in dem Gekrieche kümmerlicher lästiger Bettler um kleine Pöstchen innerhalb der Sozialdemokratie äußert ; diese haben zum Wahlsieg der Obersau Mitterrand im Namen eines « Kleineren Übels » beigetragen und als ewige Prostituierte werden wir sie auch 86 und 88 sehen wie sie für die Linke stimmen, mit dem Vorwand, daß man der so genannten Rechten und dem sogenannten « Faschismus » den Weg versperren müsse. Schließlich gibt es eine dritte Strömung, die sich als extreme Linke darstellt, die wir jedoch als Radikalreformismus bezeichnen. Es handelt sich um die Selbstverwalter, « Alternative » Strömungen, Grüppchen die bewußt oder unbewußt auf die Theorien der Autonome hinweisen und deren Ziel es ist, zerstückelte und klassenübergreifende Freiräume zu errichten, definiert durch kulturelle Verhaltensweisen, « Wünsche » die sich vom Klassenkampf und dem Gang der Geschichte absetzen, also die Suche nach Einrichtungen und nach der Mentalität von Wohlfahrtsempfängern, die sich zwar gegen den Staat auflehnen, jedoch pausenlos einen vom Staat anerkannten Status, mehr Dienstleistungen, indirekte Löhne usw. fordern.

Alle diese Tendenzen, einschließlich derer, die « Antiimperialismus » ohne konkrete Klassenlinie betreiben und somit nicht die Machtübernahme im Auge haben, haben letzten Endes das gemeinsam, daß sie den Staat zum zentralen Objekt machen, ob sie ihn nun verkleinern, verstärken oder verwalten wollen, indem sie ihn zu einem besseren Verteiler von Dienstleistungen oder unter Isolierung des Staates Autonomieräume entwickeln wollen. Das Prinzip ist dasselbe : Die Institutionen werden als das Vorrangige betrachtet ( die NATO oder die EDF oder die Gefängnisverwaltung oder die Schule usw ... ), die Hauptfrage der Produktionsweise wird nicht gestellt, die Art und Weise wie sich die Widersprüche entwickeln, welche die Richtung der Geschichte darstellen, wird nicht berücksichtigt, der Klassenkampf wird verkannt und durch Bestrebungen sozial-kultureller Kategorien, verhaltensbedingte, subjektivistische Einstellungen, angebliche Gramsci-artige Gegensätze zwischen « legalem Land » und « realem Land », Staat gegen « Gesellschaft », « herrschende Klasse » gegen « Volk » ersetzt. Oder sonstige idealistische Konzeptionen, welche sogar auf bestimmte Guerillagruppen in Westeuropa einen tiefgreifenden Einfluß ausüben.

2.        Die Entwicklung der Staatsformen muß berücksichtigt werden, wenn wir darum kämpfen ums uns dessen zu bemächtigen.

Wir kritisieren also ganz radikal die Thesen, wonach der Staat als solcher der Hauptfeind sei. Allerdings muß man noch etwas weitergehen, denn man darf nicht in das umgekehrte Übermaß verfallen. In dem Maße, wie man nämlich die derzeitige Produktionsweise abschaffen und die Bourgeoisie stürzen will, sieht man sich notgedrungen mit den Instrumenten der Kontrolle, Verwaltung und Repression und so mit dem Staat konfrontiert. Die Revolution impliziert das Zerbrechen aller Instrumente der alten Gesellschaft insbesonders die Zerstörung ihres Staates. Für das Proletariat bedeutet Machtübernahme auch Übernahme der bis jetzt vom bourgeoisen Staat verwalteten Mächte. Das ist vielleicht eine Offensichtlichkeit, doch muß man sie in Erinnerung rufen, da man den Staat auch nicht als ein sozusagen neutrales Instrument betrachten darf, das einfach von einer hand in die andere übergeht oder automatisch im Verlauf des revolutionären Prozesses zu-sammenstürzen würde ( er wird im Gegenteil stärker, je weiter der revolutionäre Prozeß voranschreitet ). Es geht so weit, daß der reine Werkzeugcharakter des Staates es rechtfertigen würde, daß er von den kommunistischen Kräften in der vorrevolutionären Phase genutzt würde, man müßte also das Wahlsystem, den Parlamentarismus und die Möglichkeit einer pazifistischen Machtübernahme anerkennen. Wir haben gar nicht unbedingt etwas dagegen, es wäre ideal, wenn Wahlen den Bürgerkrieg ersetzen könnten. Doch hier und heute ist das nicht der Fall, die proletarische Revolution erfordert die totale und gewaltsame Zerstörung des bourgeoisen Staatsapparates.

Man muß auch sehen, daß die Entscheidung für oder gegen den Parlamentarismus nicht zu den Grundsatzfragen gehört, sondern zu den von einer objektiven Analyse der derzeitigen Realität bestimmten Standpunkten. Zum Beispiel, die Lage im Rußland vor 1917 war anders und ermöglichte Formen des Parlamentarismus, denn damals handelte es sich dort um einen doppelten Prozeß der Revolution, das heißt um einen demokratische Revolution ( die folglich auch Demokratie, Parlamentarismus, Legalismus usw. umfaßte ) und die einer proletarischen Revolution als Sprungbett diente, was natürlich hier und jetzt nicht der Fall ist, wo die demokratische bourgeoise Revolution bereits seit geraumer Zeit stattgefunden hat. Diese heutige Realität zeigt uns außerdem, daß zwar das sozial-ökonomische System immer noch genauso funktioniert wie in der Zeit wo Marx seine Funktionsweise erläuterte, aber daß es andererseits seit dieser Zeit tiefgreifende Veränderungen erfahren hat, die seiner natürlichen Entwicklung und seinem Reifwerden entsprechen. Die Beschreibung, die Marx oder Lenin von der Funktion des Staates geben konnten, trifft immer noch zu und bestätigt sich im Verlauf der Zeit noch immer mehr. Zutreffend ist jedoch dabei die Beschreibung der Funktionsweise und nicht die Beschreibung einer historisch gegebenen Form, die sich unveränderlich verewigen würde. Denn die Form des bourgeoisen Staates ist im ständigem Wandel begriffen, entsprechend der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise. Auch wenn wir uns denken können, daß die revolutionäre Benutzung des bourgeoisen Staates heute auszuschließen ist und daß auch die Auffassung vom Staat als einfaches Herrschaftsinstrument und einfacher politischer Ausdruck der Macht der herrschenden Klasse etwas nuanciert werden muß, so bleibt diese Analyse restlos zutreffend und muß nur angesichts der objektiven Umwandlungen präzisiert werden, die im Lauf der kapitalistischen Entwicklung, die sich heute in ihrer modernen imperialistischen Phase befindet, im Wesen des Staates eingetreten sind.

3.        Der imperialistische Staat, Funktion des Kapitals.

In der Tat läßt sich heute weniger denn je ein antikapitalistischer Kampf, der im allgemeinen zum Klassenkampf gehören würde, vom Kampf gegen den Staat trennen, der ein politischer oder politisch-militärischer Kampf wäre, wie wenn der Staat nur ein einfaches Instrument wie die Polizei oder die Armee wäre, das der Machtübernahme des Proletariats im Wege steht. Wenn man nämlich einerseits davon ausgeht, daß der Staat das Produkt der Organisation der Klassenverhältnisse in einem bestimmten historischen Augenblick ihrer Entwicklung ist und daß die zum Entstehen der gesellschaftlichen Verhältnisse ( und somit auch des Staats ) führende Produktionsweise sich entwickelt und sich damit umgestaltet, dann muß man auch andererseits zugeben, daß der Staat bezüglich dieser Umgestaltung fortschreitet, sich entwickelt, reift und sich verändert.

In welchem Sinne erfolgt diese Veränderung ? Es ist die Übersetzung der Ausweitung der kapitalistischen Produktionsweise auf Staatsebene. In allen Richtungen und Tiefen des sozialen Kontextes. Jeder kann feststellen, in welchem Maß auch die kleinsten Äußerungen des gesellschaftlichen ja sogar des privaten Lebens zunehmend von der derzeitigen Produktionsweise bestimmt werden. Eine Produktionsweise, deren Existenz untrennbar verbunden ist mit den Mechanismen der Akkumulation / Reproduktion des Kapitals. Das sind Mechanismen, deren inneren Widersprüche sich im tendenziellen Rückgang der Profitrate offenbaren, wobei dieser tendenzielle Rückgang dazu führt, daß bezogen auf den absoluten Mehrwert ein zunehmender Anteil an relativen Mehrwert ausgepreßt wird. Diese zunehmende Bedeutung der Erzeugung von relativem Mehrwert liegt wirtschaftlich gesehen den meisten Erscheinungen zugrunde, die für die derzeitige Phase der westlichen Gesellschaft als typisch beschrieben können werden, das heißt alle Formen, die von einigen mit dem Begriff der « Konsumgesellschaft » bezeichnet wurden ( dieser Begriff ist natürlich irreführend, hat jedoch einen vertrauten Klang, den jeder versteht ). Profitstreben bis in die allerkleinsten Handlungen des Alltags, eine völlige Dominanz des Tauschwerts gegenüber dem Gebrauchwert. Produktion nicht nur von mehr oder weniger fetischierten Gebrauchsgütern, sondern auch Erzeugung von Bedarf und sogar in einem gewissen Sinn von Bedarf an Bedarf. Rentabilisierung durch Verschwendung, Rentabilisierung der gesamten menschlichen Aktivitäten und damit auch aller Vergnügungen, Gefühle und alles dessen was zur Psychologie und zum kulturellen Bereich gehört. Galoppierende Ausweitung der Entfremdung und der Versachlichung.

Und im Rahmen dieser Entwicklung der Entfremdung und der verstärkten Auspressung von relativem Mehrwert wird dem Staat eine ausführlichere Rolle zugeteilt, als die die ein einfaches Instrument würde. Eine ausführlichere, zugleich aber auch unbestimmtere Rolle im Sinn einer allgemeinen Fusion und Gliederung aller Funktions- und Führungsapparate des Kapitalismus, das heißt des sozialen, wirtschaftlichen, ideologischen, politischen und militärischen Komplexes, der dazu führt, daß das Kapital nicht nur eine einfache wirtschaftliche Kategorie, sondern nach der Formulierung von Marx eine soziale Beziehung ist. Die gegenseitige Durchdringung von Kapital und Staat entspricht dann dem Sinn der historischen kapitalistischen Entwicklung, dies entspricht etwa dem was Mario Tronti [ diesen Autor zu zitieren bedeutet nicht, die Gesamtheit seiner Thesen zu übernehmen ! Und die Metapher von der Fabrik darf nicht zurückgeführt werden auf verkürzende Vereinfachungen der Autonomen über die "soziale Fabrik", den "Stadtproletarier" und andere "Neo"‑Späßchen ! ] sagt :

« Je mehr die kapitalistische Entwicklung voranschreitet, das heißt je mehr die Erzeugung von relativen Mehrwert sich durchsetzt und überall ausbreitet, desto perfekter wird unausweichlich der Kreislauf Produktion-Verteilung-Tausch-Konsum ; das heißt daß die Beziehung zwischen kapitalistischer Produktion und bourgeoiser Gesellschaft, zwischen Fabrik und Gesellschaft, zwischen Gesellschaft und Staat immer organischer wird. Auf der höchsten Ebene der kapitalistischen Entwicklung wird das soziale Verhältnis ein Moment des Produktionsverhältnisses und die gesamte Gesellschaft wird zu einem Ausdruck der Produktion, das heißt das die gesamte Gesellschaft in Funktion der Fabrik lebt und die Fabrik ihre ausschließliche Herrschaft über die gesamte Gesellschaft ausdehnt. Auf dieser Basis versucht die politische Staatsmaschine sich zunehmend mit dem Bild des kollektiven Kapitalisten zu identifizieren ; sie wird immer mehr ein Besitz der kapitalistischen Produktionsweise und somit eine Funktion des Kapitalismus. »

Konkret geht das noch weiter als die Keynesische Funktion des bourgeoisen Staates über die Arten der Planung und der Intervention des Staates in die Wirtschaft ; es hängt zusammen mit dem Anwachsen des Anteils des Finanzkapitals und somit auch mit den staatlichen transnationalen Währungsmechanismen, der zunehmenden Rolle des Steuerwesens, mit dem Staat als Arbeitgeber im öffentlichen Bereich der immer bedeutsamer wird, der Ausübung kapitalistischer Monopole direkt durch den Staat, dessen Rolle in der Ausbildung großer imperialistischer Monopole. Natürlich sind auch die Verhältnisse des Staates zu den Medien im gleichen Sinn zu betrachten, die zentrale Rolle des Staates bei der Massenmanipulation nicht nur zum Schutz der kapitalistischen Ordnung, des sozialen Friedens und der Reproduktion suprastruktureller Institutionen, sondern auch als leitender Vektor der Bildung oder Ausweitung sozial-ökonomischer und ideologischer Räume, in denen ( insbesonders durch die Bildung von künstlichen Bedürfnissen ) die Auspressung des Teils des indirekten Mehrwerts erfolgt, das heißt desjenigen, der nicht aus der entlohnten Produktionstätigkeit stammt.

Ein weiteres wichtiges Phänomen dieser Entwicklung der Funktion des Staates ist natürlich seine Rolle bei der Regelung des Arbeitsmarkts aber auch und vor allem bei der Einkommensverteilung, man muß nämlich wissen, daß ein Viertel der Einkünfte der lohnabhängigen Erwerbstätigen aus dem « indirekten Lohn » besteht, das heißt aus der Gesamtheit der staatlichen Sozialleistungen.

Folglich spielt der moderne bourgeoise Staat zunehmend die Rolle eines Kapitalisten, er strebt danach sich immer mehr mit dem Kapital zu vermischen, eine Funktion des Kapitals zu sein. Man darf ihn also nicht mehr nur als einfaches bourgeoises Herrschaftsmittel ansehen, dessen Instrumentcharakter ihm eine Art defensiver Neutralität verleihen würde, aufgrund derer man dieses Staatsinstrument dann gegen die Bourgeoisie einsetzen könnte, genauso wie eine Kanone neutral ist und genauso gut gegen die Bourgeoisie wie gegen das Proletariat eingesetzt werden kann. Der moderne Staat ist viel mehr als der « Verwaltungsrat », den sich die Bourgeoisie zugelegt hatte, um ihre politischen Interessen zu verwalten. Er ist nicht mehr nur « kapitalistisch » durch die Tatsache, daß er dem Kapitalismus dient, sondern weil er selbst als Kapitalist funktioniert. Und als solchen müssen wir ihn angreifen, nicht als einfaches Hindernis, das sich der revolutionären Bewegung entgegenstellt und weil er repressiv ist, sondern weil er ein vollwertiger Partner des Klassenkampfs ist. Man muß ihn also genauso angreifen, wie man in der Fabrik die Arbeitgeberschaft angreift, ohne ihn aber zwanghaft zum symbolischen Ziel zu machen, was in gewissen Sinne den Kapitalismus personalisieren würde, während doch klar ist, daß wir das gesamte System und damit an der Basis die kapitalistische Produktionsweise selbst historisch zerstören müssen. Und der Prozeß dieser Vernichtung läuft über den sofortigen Angriff gegen die Gesamtheit der Ausdrücke und der Funktionen der bourgeoisen Herrschaft.

IV.        Der revolutionäre bewaffnete Kampf und der Marxismus

1.        Der Marxismus-Leninismus, lebendige Methode, verwirft keine Form des Kampfes.

Welche Stellung hat der revolutionäre bewaffnete Kampf ?

Die erwägenswertesten kritischen Anmerkungen zu unseren Auffassungen von der revolutionären Strategie und Taktik stützen sich - oder behaupten sich zu stützen - auf die Referenz älterer strategischer Lösungen, welche die marxistische Methode in der Geschichte der Arbeiterbewegung hervorgerufen hat. Wir stellen uns also in diesen Zusammenhang. Allerdings erheben wir weder den Anspruch auf alles eine Antwort zu haben, noch die Debatte abzuschließen ; es handelt sich hier nur darum, in aller Kürze einige Grundzüge vorzustellen, die man natürlich sehr viel ausführlicher darstellen und vertiefen müßte.

Zunächst einmal darf man nie vergessen, daß die großen Theoretiker des Marxismus Mechanismen und Funktionsweisen beschrieben haben, die nach wie vor aktuell sind, andererseits haben sie den historischen und dialektischen Materialismus als Möglichkeit zum aktiven Verständnis der objektiven Realität und der historischen Prozesse erarbeitet, welche sie erklären. Ferner haben sie politische Lösungen formuliert, die jedoch sicherlich keine allumfassende Bedeutung haben. Anders als beim historischen und dialektischen Materialismus entsprechen diese Lösungen nur der Anwendung der marxistischen Analysemethoden auf bestimmte historische Zustände und können also nicht unverändert von einer Epoche auf die andere oder von einer nationalen Realität auf eine andere übertragen werden. Es liegt auf der Hand, daß Lösungen, die zur Zeit der industriellen « Revolution » gültig waren, nicht dieselben sind, wie die, welche in der Phase des Monopolkapitalismus anwendbar sind und noch weniger diejenigen, die in einer Zeit angewendet werden, wo der Imperialismus die hegemoniale Form der kapitalistischen Produktionsweise ist. Der Marxismus-Leninismus widersetzt sich entschieden jedem Dogmatismus, jedem Automatismus der taktischen und strategischen Lösungen, er weist auf lebendige Methoden hin, um in jeder Epoche und in jeder Lage die entsprechenden Methoden zu finden, ohne mechanisch eine Theorie anzuwenden, die sonst in ein Dogma verwandelt würde. Es ist übrigens das was Lenin selbst erklärt :

« Das ist der Grund, warum der Marxismus keine Form des Kampfes absolut ablehnt. In keinem Fall will er sich auf die in einem bestimmten Augenblick vorhandenen und möglichen Kampfformen beschränken ; er gesteht zu, daß eine Veränderung der sozialen Konjunktur unausweichlich das Auftreten neuer Formen des Kampfes nach sich ziehen würde, die den Militanten der jeweiligen Zeitspanne noch unbekannt sind (...) An zweiter Stelle fordert der Marxismus absolut, daß die Frage der Formen des Kampfes unter ihrem historischen Aspekt erwogen wird. Diese Frage außerhalb konkreter historischer Umstände zu stellen, bedeutet das ABC des dialektischen Materialismus zu ignorieren. An verschiedenen Momenten der wirtschaftlichen Entwicklung treten, in Zusammenhang mit den verschiedenen Bedingungen der politischen Lage, der nationalen Kulturen, den Existenzbedingungen usw. unterschiedliche Kampfformen in den Vordergrund, werden zu den wichtigsten und in der Folge ändern sich die sekundären, zusätzlichen Formen ebenfalls. Der Versuch mit ja oder nein zu antworten, wenn es um die Einschätzung eines bestimmten Kampfmittels geht, ohne ausführlich die konkreten Umstände der Bewegung und den erreichten Entwicklungsstand zu prüfen, hieße, das marxistische Terrain vollkommen zu verlassen. »

Das bedeutet zumindest, daß der bewaffnete Kampf als wichtigste Kampfform einer revolutionären Strategie nicht von vorneherein als im Widerspruch zur marxistischen Theorie ausgeschlossen werden kann.

2.        Der revolutionäre Terrorismus ist eine nützliche und notwendige Form des Kampfes, der Teil unseres kommunistischen Erbes ist.

Dann stellt sich eine Frage nach der Bedeutung, die des Begriffs « Terrorismus ». Dieses Konzept hat im Verlauf der Geschichte einen Bedeutungswandel durchgemacht. Er wird von den Medien sehr pejorativ verwendet, anscheinend seit dem letzten Weltkrieg aufgrund der negativen Verwendung dieses Begriffs durch die Nazi-Propagandisten. Vor dieser Zeit enthielt dieses Wort ein weniger deutliches Werturteil und Emotionalität sondern bezeichnete einfach eine besondere Form des politischen Handelns : Gewaltsame Aktion, um diejenigen, gegen die es gerichtet war, in Terror zu versetzen. Diese Bedeutung wird von den historischen Theoretikern des Marxismus benützt, die damit nur die Form bestimmter Aktionen ohne pejorative Nebenbedeutung bezeichnen. Für sie unterscheidet sich Terror von Aktionen in Zusammenhang mit einem Aufstand dadurch, daß er den gesamten revolutionären Prozeß begleiten kann, ohne wie der Aufstand auf eine Endphase beschränkt zu sein. Doch hat er damit nicht nur eine einfache punktuelle Bedeutung und Engels hob bereits eine strategische Funktion hervor :

« Um die Agonie der alten Gesellschaft und die blutigen Geburtswehen der Neuen abzukürzen, zu vereinfachen und zu konzentrieren, gibt es nur ein Mittel : « den revolutionären Terror ».

Das ist deutlich ! Allerdings ist zuzugeben, daß dieses Zitat mit einer einschränkenden Bedeutung dargestellt werden kann, das heißt daß der Terrorismus eine Art Hilfsmittel wäre, wenn auch sicherlich strategischer und nicht nur taktischer Art, da er nach Engels eine allgemeine, historisch ausgedehnte Aktion ist, aber das doch vor allem zur Verschärfung der Widersprüche dienen würde, um den Zusammenstoß der Klassen zu radikalisieren und zu beschleunigen, ohne daß damit dem Terrorismus eine Funktion auf der Ebene der eigentlichen politischen Entwicklung zugewiesen wäre ( mit der Organisation verbunden, usw. ). In diesem Zitat erscheinen Terrorismus und Partei nicht deutlich verbunden, doch werden wir sehen, daß sie es sind, daß der Terrorismus seinen Platz im Prozeß des Aufbaus der Partei hat und daß der Terrorismus von der Partei gelenkt, organisiert werden muß. Der revolutionäre Terrorismus ist nicht eine Form des individuellen Kampfes, den man als unmittelbare Form des Widerstands des Proletariats einfach spontan stattfinden lassen könnte. Die Avantgarde muß die Führung davon übernehmen, sagen Marx und Engels :

« Weit davon entfernt, sich den angeblichen Exzessen und Repressalien der Volkswut gegenüber gehaßten Individuen oder Gebäuden mit denen sich abscheuliche Erinnerungen verbinden, zu widersetzen, muß man diese Repressalien nicht nur einfach dulden, sondern ihre Führung direkt in die Hand nehmen ».

Die Bolschewiken traten nachdrücklich für Terroraktionen ein. Lenin betont das ausreichend, man braucht sich nur seinen Text über den « Partisanenkrieg » oder die Sammlung von « Texte über die Jugend » anzusehen, wo er Jugendliche beschimpft, die nicht genügend Bomben herstellen und sagt, es sei richtig, die Verantwortlichen der Repression zu töten, das Geld in den Banken zurückzuholen wie es die Bolschewiken taten ( siehe die berühmten Banküberfälle Stalins in Baku 1904 ... ).

Aber Vorsicht, wir können nicht die aktuelle Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes erklären, indem wir Analysen vom Beginn des Jahrhunderts über die moderne Realität hervorbringen. Zumal für Lenin der Einsatz von Terror nur eine Kampfform sein konnte, die der Massenaktion und der politischen nicht-militärische Aktion der Partei untergeordnet war und, was wesentlich ist, mit dem einzigen Ziel, den Aufstand vorzubereiten. Dabei wurden zwei Ziele verfolgt, das erste besteht darin, die Massen mit der Taktik des Aufstands vertraut zu machen :

« Der Partisanenkrieg, der allgemeine Terror, die sich seit Dezember in Rußland fast ohne Unterbrechung überall ausbreiten, werden unbestreitbar dazu beitragen, den Massen die richtige Taktik im Augenblick des Aufstands beizubringen. Dieser durch die Massen ausgeübter Terror muß von der Sozialdemokratie akzeptiert und in ihrer Taktik eingefügt werden ; sie muß ihn selbstverständlich organisieren und kontrollieren, und den Interessen und Erfordernissen der Arbeiterbewegung und des revolutionären Kampfes allgemein unterordnen. » ( Lenin )

Das zweite Ziel besteht darin, durch diese Taktik zur politischen und militärischen Formierung der Avantgarde ( immer im Hinblick auf den Aufstand ) beizutragen, wie es Lenin 1905 sagt, als er den Angriff eines Kommandos auf ein Gefängnis begrüßt :

« Hier werden die Vorkämpfer des bewaffneten Kampfes nicht nur verbal, sondern auch durch die Tat eins mit der Masse, sie setzen sich an die Spitze der Kampfabteilungen und -Gruppen des Proletariats, bilden durch das Feuer und Eisen des Bürgerkriegs Dutzende von Volksanführer die morgen, am Tag des Arbeiteraufstands, mit ihrer Erfahrung und ihrem Heldenmut tausende und zehntausende Arbeiter werden unterstützen können. »

Man wird uns entgegenhalten, daß durch diese letzten Zitate eine Begriffsverschiebung des « Terrorismus » ( die eine gewisse Pünktlichkeit der Aktion impliziert ) zu dem des « Partisanenkriegs » erfolgt ; wir können also annehmen, daß diese Differenzierung den Begriff aufeinanderfolgender Phasen in der organisatorischen Funktion und Nutzung der bewaffneten Kampfformen einführt, einer Konzeption die noch heute voll gerechtfertigt erscheint.

Um klar und unbestreitbar die leninistische Konzeption der bewaffneten Aktion zusammenzufassen, muß man Lenins Vorschläge beim Vereinigungskongreß der POSDR von 1906 lesen :

« 1. Die Partei muß zugestehen, daß bewaffnete Aktionen von zur Partei gehörenden oder an ihrer Seite kämpfenden Kampfgruppen grundsätzlich zulässig und in der aktuellen Periode opportun sind ;

2. Die Art der bewaffneten Aktionen muß der Aufgabe entsprechen, Führer für die Arbeitermassen in der Zeit des Aufstands auszubilden und Erfahrung in der Durchführung überraschender Offensivaktionen zu erwerben ;

3. Das wichtigste Nahziel dieser Aktionen muß die Zerstörung des Staats-, Polizei- und Militärapparats sowie ein gnadenloser Kampf gegen die aktiven schwarzen Hundertschaften [ Extreme zaristische Rechte ] sein, welche Gewalt und Terror gegen die Bevölkerung einsetzen ;

4. Zuzulassen sind auch bewaffnete Aktionen, um in den Besitz von Finanzmitteln des Feindes zu kommen, das heißt der autokratischen Regierung, damit diese Gelder dem Aufstand zugute kommen ; dabei ist sorgfältig darauf zu achten, daß die Interessen der Bevölkerung so wenig wie möglich benachträchtigt werden ;

5. Bewaffnete Partisanenaktionen müssen unter Kontrolle der Partei so durchgeführt werden, daß die Kräfte des Proletariats nicht nutzlos vergeudet werden und daß gleichzeitig die Eigenschaften der Arbeiterbewegung in dem entsprechenden Ort sowie die Einstellung der breiten Massen berücksichtigt werden. »

Man könnte die militärische Frage auch ausgehend vom Standpunkt des Blanquismus, des Anarchismus, des guevaristischen Foquismus, des Maoismus usw. betrachten ; wenn wir das nicht tun, dann weil die Kritiken die an uns geübt werden vorgeben, sich auf traditionelle marxistische Bezüge abzustützen, aber auch weil wir uns selbst auf einen orthodoxen Marxismus beziehen [ im Gegensatz zu den theoretischen Grundlagen bestimmter bewaffneter deutscher und französischer Gruppen, die derzeit die Medienszene beherrschen ] der den beachtlichen theoretischen und praktischen Beitrag von Lenin miteinbezieht. Außerdem weil uns natürlich die mechanische Übernahme der von Lenin in seiner Zeit erarbeiteten Lösungen völlig verfehlt erscheinen würde, obwohl sie die theoretisch gründlichsten und zusammenhängensten sind, die man unserer eigenen Auffassung von der militärischen Frage im modernen revolutionären Prozeß entgegensetzen kann.

3.        Die leninistische Insurrektionstheorie ist eine historisch richtige, jedoch heute überholte Form.

Lenins Auffassungen zum bewaffneten Kampf sind sowohl auf der Ebene der theoretischen Grundsätze als auch hinsichtlich der historischen Notwendigkeiten einer bestimmten Epoche richtig. Nun hat sich aber die Epoche geändert, diese Konzeptionen bleiben grunsätzlich richtig, sie müssen aber auf der Ebene der politischen Praxis neu formuliert werden. Es gibt Phasen die neu zu bestimmen sind, andere verschmelzen dadurch daß sie überholt sind, die Zeit bringt neue Erfordernisse mit sich.

Die wesentliche Veränderung betrifft den Begriff des Aufstands, dessen Vorbereitung wie wir gesehen haben, für Lenin die Formen des bewaffneten Kampfes rechtfertigte und bestimmte ( doch selbst das könnte man den verschiedenen linksradikalen Sekten entgegenhalten die objektiv gesehen nichts als Reformismus betreiben, indem sie abgesehen von einem verbalen Radikalismus und einer überholten rituellen Phraseologie nicht den geringsten strategischen oder taktischen Unterschied gegenüber den Sozialdemokraten aufweisen, sich aber trotzdem zweifellos in mystischer Weise auf Marx, Lenin oder Mao zu berufen wagen ). Der Aufstand bleibt für alle die sich als proletarische Revolutionäre begreifen ( und somit die Machtübernahme durch das Proletariat anstreben ), auch wenn sie heute den bewaffneten Kampf ablehnen, strategisch ausgedrückt das Hauptziel, das zu einem Umsturz der bourgeoisen Herrschaftsapparate führen soll. Sie können im übrigen diesen Aufstandsprozeß auf verschiedene Art und Weise sehen, doch es ist das Prinzip selber des Aufstands das uns als nicht mehr passend im modernen Westen erscheint, und deshalb spielt die Kritik eine wesentliche Rolle in unserer Auffassung des bewaffneten Kampfes. Eine Darstellung des Inhalts dessen, was wir als die Leitlinien einer Strategie des bewaffneten revolutionären Kampfes sehen, wird somit die Kritik der Insurrektionstheorie einbeziehen. Und wir hoffen durch diese wenigen Erklärungen unseren lieben Kritikern begreiflich zu machen, daß sie im Irrtum sind, wenn sie behaupten daß für uns « die Folge der Vermehrung individueller Handlungen oder der kleinen Gruppen zur Revolution führt, weil dies die Massen « erwecken » würde ! Das ist absurd. Wir haben niemals weder theoretisch noch praktisch auch nur das geringste mit dem Anarchismus oder irgendeiner Form von kleinbürgerlichen Radikalismus zu tun gehabt. Im übrigen sind wir allmählich etwas verärgert darüber, daß immer alles in einen Topf geworfen wird, Verwirrungen sorgfältig aufrecht erhalten und Kritiken an imaginären Standpunkten geübt werden. Wir fordern daher die ultralinken Grüppchen aller Art sowie die verschiedenen Linksradikalen auf, sich mit ihrer Kritik an unsere genauen und konkreten Standpunkte zu halten und nicht an das, was sie sich als getreue Mitläufer der Staatspropaganda oder als glühende Anhänger des radikalen Kretinismus auf eine absurde Art und Weise einbilden ( oder einbilden wollen ) was wir tun, sagen, denken.

Andererseits muß man erst einmal Begriffsklarheit schaffen, um diskutieren zu können. Zum Beispiel, das was immer als « militärische Frage » bezeichnet wurde, ist nicht dasselbe wie die Frage des proletarischen Selbstschutzes. Man muß beides genau auseinanderhalten. Der Selbstschutz der Arbeiter und des Volkes in den Kämpfen ist ein wichtiges Problem, für das eine Praxis des bewaffneten Kampfes bestimmte Lösungen bringen kann, sicherlich aber nicht auf eine systematische Art und nicht immer wünschenswert. Der Selbstschutz ist wichtig für die Entwicklung der proletarischen Kämpfe und den Prozeß des Bewußtwerdens, es ist ein Begriff der nicht im Gegensatz zum bewaffneten Kampf steht, ihn aber auch nicht impliziert. Wenn wir hier vom bewaffneten Kampf sprechen, dann nicht im Rahmen der unmittelbaren taktischen Probleme der Massenbewegung ( das ist eine Frage die wir an anderer Stelle diskutieren können ), sondern auf der Ebene des globalen revolutionären Prozesses, das heißt im Rahmen einer historischen revolutionären Strategie. Die « militärische Frage » bezeichnet das allgemeine Problem des militärischen Kräfteverhältnisses zwischen den Kräften des Proletariats und den imperialistischen Kräften. Damit stellt sich die militärpolitische Frage nach der Bildung von kämpfenden Kräften, nach der Art des Parteiaufbaus, der Zerstörung des bourgeoisen Staatsapparats, der Machtübernahme durch das Proletariat auf dem Weg zum Kommunismus.

V.          Der bewaffnete Kampf in der revolutionären Strategie

1.        Kritik der Theorie der friedlichen Aufstandsvorbereitung.

Also, wie stellen wir uns diese Strategie vor ?
Um auf diese Frage zu antworten, müssen wir auf das Problem der leninistischen Auffassung der Strategie zurückkommen, um zu sagen worin wir die verschiedenen Linien dieser politischen Strömungen nicht teilen können, die sich als Wächter einer angeblichen marxistischen Orthodoxie, «
 Fundamentalismus » oder « Evangelismus » des Marxismus, je nach den Fällen, ausgeben, und die sich mit Hilfe von außergewöhnlichem Mut oder einer noch erstaunlicheren intellektuellen Verkalkung seit nunmehr 60 Jahren krampfhaft als die Partei oder die künftige Partei sehen und in der liturgischen Verzauberung der geheiligten Texte und gegenseitiger Exkommunizierung leben, ohne jemals auch nur eine Spur von Phantasie oder Realismus an den Tag zu legen ! Diesen Strömungen zufolge wären Methoden anzuwenden, die in halb feudalistischen Ländern zu Beginn des Jahrhunderts mehr oder weniger Erfolg hatten. Und dies durch politischen Kampf, mit dem Versuch den Bewußtseinsstand der Massen durch eine geduldige Agitations-und vor allem Propagandaarbeit, durch Erklärung und Erziehung zu heben, bis zu jenem strahlenden Morgen des großen Abends, wo den Massen dann nur noch Gewehre ausgeteilt werden müssen um den Sturm auf die Paläste anzutreten. Es ist nicht verwunderlich, daß sich angesichts des geringen Erfolgs dieser Strategie die meisten linksradikalen Strömungen gesagt haben, daß in der Verzweiflung der Lage es noch vorzuziehen war am Arsch der Sozial-Demokratie zu kleben, um die wachsamen Kritiker zu sein oder um eines Tages eine kleine Beteiligung an der Regierungsmacht zu erlangen und sich dabei gleichzeitig, um den Schein zu wahren, zu sagen man werde dann die Sozialdemokratie « links » überholen ( wie in Chile, Portugal usw. nehme ich an ? )

Zwei Probleme tauchen bei dieser Auffassung der Bewußtseinserweckung und der Organisation der Massen allein durch die traditionelle politische Arbeit auf und wir müssen unsere Strategie unter Berücksichtigung dieser Probleme konzipieren. Das erste Problem betrifft die Frage der Möglichkeit einer friedlichen Vorbereitung zum Aufstand. Das zweite Problem ist die Möglichkeit des Aufstands selbst. Betrachten wir dies aufmerksamer.

Ist eine friedliche Vorbereitung zum Aufstand möglich ? Wenn wir darauf mit nein antworten, wollen wir natürlich nicht sagen daß die Kämpfe zur Befriedung der unmittelbaren Bedürfnisse der Massen sowie der nicht bewaffnete politische Kampf für die Propaganda und des Auftretens neuer Organisations-formen der Massen nutzlos seien, ganz im Gegenteil sie sind sogar erforderlich und es geht hier nur um die Frage, welche Kampfform die Avantgarde heute annehmen muß, die in der sich die kommunistische Strategie in ihrer zugespitzten und umfassendsten Form konzentrieren muß.

Man muß bei der Betrachtung der objektiven Realität auf die außerordentlichen Fähigkeiten der heutigen Bourgeoisie zur Verwertung, Absorbierung und Unterschlagung sehen. Das hängt mit den im Lauf der kapitalistischen Entwicklung auf allen Ebenen der Gesellschaft eingetretenen Umwandlungen zusammen. Es gibt immer weniger Räume die sich der Rationalität der kapitalistischen Produktionsweise entziehen können und das äußert sich in verschärfter Entfremdung, allgemeiner Kontrolle durch die Herrschaftsorgane über alle Lebensbereiche. Die Rationalität des sozial-ökonomischen Systems selbst und seine Allmacht sind die Hauptursache für den ideologischen und psychologischen Zustand und umso mehr diese Rationalität ausgewertet wird, umso schlechter ist der Zustand. Die Werkzeuge der Manipulation, der Reproduktion der Ideologie waren noch nie so mächtig und sie sind auch immer wirksamer geworden. Früher spielten Kirche, Familie usw. eine Repressionsrolle ersten Grades, einfach durch direktes Verdrängen und Hemmen mit Hilfe von Tabus, während heutzutage das System sehr viel komplexer ist und die psychologische Repression sich permanent jedem Fortschritt der kapitalistischen Entwicklung anpaßt, wobei das Verdrängen durch verschiedene Übertragungen erfolgt ( man verzichtet auf seine Freiheit, doch Kredit läßt den Neuwagen als Geschenk erscheinen ... ). Und vor allem der Klassenkampf ist nach dem gleichen Prinzip auch eine Triebkraft für das Kapital, ein gewisses Niveau an Protest ist für das System notwendig und gehört zu seinem Betrieb. Und sei es nur um den Bedarf zu wecken, auf den das System durch massive und anarchische, verdummende, Überinformation antwortet, die er braucht um uns zu betäuben und uns seine Macht-Ideen einzuhämmern.

Wie sollen wir nun durch Flugblätter, kleine Zeitungen, Sprühaktionen und Megaphone wirksam der Macht der staatlichen und monopolistischen Massenmedien Konkurrenz bieten, die vom Imperialismus weltweit verbreitet sind ? Allein schon diese Feststellung begründet die Mutlosigkeit des Linksradikalismus, dem nur folgende Alternative bleibt : Integration in der Unterwerfung oder die Sterilität kleiner Abwehrinseln, die zusammengeschweißt werden entweder durch versichernde Dogmatik oder durch einträchtiges Nebeneinander und die sich dadurch die Illusion geben Widerstand zu leisten, während sie doch nur den Versuch machen, ein wenig abseits zu leben. Wir behaupten dann, daß heute keinerlei Fortschritt ohne eine Strategie des radikalen Bruchs in allen Bereichen möglich ist, wir sagen das es sich nicht um Selbstschutz handelt, es geht nicht darum Gruppen zu bilden um sich warm zu halten, indem man sich mittels einer Gruppensprache als anders bezeichnet als es der Oppressor wünschen würde, um eine Lebensweise, um eine Redensart, um einen Wortstreit, der übrigens semantisch immer gleich abläuft, welche Gedankenreferenz es auch immer sein mag ( freiheitlich, « alternativ », « marxistisch-leninistisch », Zeugen Jehovas oder sogar « bewaffneter Kampf » ... ), wenn es dabei um eine Art des Seins, und im gewissen Sinn um eine existentielle Militanz und nicht so sehr um eine Kampfstrategie geht, mit der konkret eine Revolution, ein Machtwechsel herbeigeführt werden soll. Wir sagen, man muß mit der Einfachheit vorgekauter Ideen und den Selbstbefriedigungen Schluß machen, die sich aus einem bestimmten Pro-testgebaren ergeben ( Filzpantoffeln unter den Cowboystiefeln tragen ! ). Weder Opfer noch Komplizen, wir müssen die sein, die angreifen.

Man kann heute nicht mehr annehmen, daß durch einfache politische Überzeugungsarbeit der Bewußtseinstand des Proletariats soweit gehoben werden kann, wie es für einen Aufstand notwendig wäre. Man kann sich übrigens fragen ob das jemals denkbar war ...

Vergessen wir z.B. nicht, daß das vorrevolutionäre Rußland politisch-ideologisch nicht mit unseren bourgeoisen Demokratien vom ende des 20. Jahrhunderts vergleichbar ist : Beim Verteilen der Iskra riskierte man Sibirien und bei Demonstrationen setzte man sich nicht den harmlosen Tränengasgranaten aus, die hier zu dem Ruf Faschismus führen, sondern Säbelhieben. Das bedeutet, daß zu jeder Epoche die gleichen Kampfformen nicht die selben Werte des Bruchs und der Subversion haben ; im schlimmsten Fall war das Anbringen einer Roten Fahne in der zaristischen Epoche eine ebenso radikale Dissidenz wie heute das Legen einer kleinen Bombe.

Außerdem darf man die Leute auch nicht für dumm halten, heute können die Proletarier nachdenken, lesen, sie sind gut informiert und begreifen daß das System verrottet und schädlich ist, und wenn auch Aufklärungs- und Infor-mationsarbeit nach wie vor notwendig ist, so muß sich unser politisches und ideologisches Vorgehen anders äußern, andere Ziele haben.

2.        Ideologische Rolle des bewaffneten Kampfes.

Das System der Entfremdung erreicht nie gekannte Grade und das könnte hinsichtlich der Möglichkeiten zur Befreiung pessimistisch stimmen. Das wäre ein Fehler, da die Unterdrückung sich zur gleichen Zeit entwickelt wie sie die Mittel zu ihrer Bekämpfung und die Gründe zu ihrem Verschwinden entwickelt. Insbesonders geht die wirtschaftliche Entfremdung der Arbeit einher damit, daß dem Arbeiter seine Arbeit fremd wird, daß ihm seine Arbeit keine Befriedigung mehr schafft, daß er in ihr keine ethische oder schöpferische Tätigkeit sieht, deren Rechtfertigung im allgemeinen kaum noch sichtbar ist, außer der einzigen Rationalität der Ausbeutung ; ein Wandel der den Bruch mit dieser Produktionsweise nur erleichtern kann. Das System reagiert auf diese neue Schwäche, die sich aus der einfachen Entwicklung des Kapitalismus ergibt durch gesteigerte Repression, durch Schaffung von Abhängigkeit. Es wird also alles getan, um die Individuen voneinander zu isolieren, Klassenabgrenzungen mittels kultureller Beeinflussungen je nach Altersgruppen, Moden usw. zu verwischen und insbesonders durch massive Besetzung des gesamten Alltags, bis zur Manipulation des Unbewußtseins, um ein Gefühl der Vernichtung, der Unterlegenheit und der Schwäche des Individuums zu bilden, daß sich machtlos und allein fühlt angesichts eines übermächtigen Systems, das ihm engumgrenzte Bezirke einrichtet, die aber nur das negative Abbild der Maschen in dem Überwachungsstrich und Steuerungsnetz sind. Abgegrenzte Bezirke für die Lohnarbeit, für das Vergnügen, zum lernen, zum lieben, wobei sich der Konsum ritualisiert und die Legalität sich nicht zu sehr als großer Knuppel darstellt sondern mehr als eine Vielzahl von Türen ( Presse, Parteien, Versammlungsfreiheit, Streikrecht, Meinungsfreiheit usw. ), mit der Überschrift « zum Protestieren - hier eintreten », die zum weichen Daunenbett der bourgeoisen Demokratie führen, die Schreie und Schläge erstickt.

Auch wenn Worte und Faustschläge sich nutzlos und verzweifelt in der weichen Matraze verlieren, die tatsächlich die beste Panzerung der bourgeoisen Diktatur ist, können wir doch durch Feuer und Schwert Risse hervorrufen, aus denen die dämpfenden Federn hervorquellen werden, was zu einem Blutsturz der Demokratie führen wird. Das bedeutet sicherlich eine Verringerung der « Freiräume » und der Grund « Freiheiten », eine Radikalisierung der Repression, doch zugleich wird auch das Feindbild deutlicher und die Widersprüche werden bis zum Zerreißen zugespitzt, die bourgeoise Diktatur wird ihrem augentäuschenden Schleier beraubt und zeigt ihr wahres Gesicht, eine klare und direkte Entwicklung des Kampfes, Kraft steht gegen Kraft, Klasse gegen Klasse. Die Verteidiger des Kapitalismus können den bewaffneten Kampf verleumden, schlecht machen, die Partisanen als « Terroristen » bezeichnen, ihre eigenen Denkkategorien auf die Guerilla übertragen und in ihr das sehen, was sie selbst sind : Söldner, und somit zu versuchen, sie zu schwächen. Doch sie werden niemals die bewaffnete Opposition institutionalisieren und auffangen können, während doch alle anderen Formen außer der des revolutionären Krieges von der Funktionsweise des Kapitalismus integriert werden können. Weil kein gesellschaftliches und damit staatliches Klassensystem Handlungen hinnehmen kann, die auf seine gewaltsame Zerstörung abzielen.

Auf der Ebene dieser Phase, die früher die einer nicht bewaffneten Vorbereitung war, zielt der bewaffnete Kampf allein auf einen echten Bruch des Konsens ab, indem er die Dissidenz über die mögliche Funktionsweise des Kapitals und des Staates hinaustreibt. Der Partisanenkrieg zeigt die Schwächen des für allmächtig gehaltenen Feindes, er zeigt daß man kämpfen und siegen kann. Schon die einfache Tatsache daß man zu Repressalien gegen den Feind in der Lage ist, spielt ideologisch gesehen eine außerordentliche bedeutsame befreiende Rolle. Schon die geringste Erfahrung in militanter Massenarbeit zeigt das : die Leute sagen uns bei der Arbeit oder auf der Straße, daß sie die Nase voll haben und daß alles vollständig änderen müßte, und wenn sich dabei auch jeder Einzelne unschwer bereit erklärt revolutionär zu sein, so wird er doch hinzufügen, daß es keinen Zweck habe sich zu engagieren, Gefahren auf sich zu nehmen, da niemand wirklich etwas tue und alle anderen Dummköpfe sind usw. Dann ist es politisch und ideologisch von großer Bedeutung zu beweisen, daß der Klassenfeind nicht allmächtig ist, daß solidarisches Handeln der Bevölkerung möglich ist und daß man den Ausbeutern schmerzhafte Schläge zufügen kann, daß Bullen und Justiz für ihre Morde und Übergriffe bezahlen müssen, daß die kolonialistischen Söldner physisch für die Ermordung jedes Bruders in der Welt und jedes den beherrschten Ländern geraubte Kilogramm Reichtum büßen müssen, jeder Arbeitgeber physisch und materiell daran gehindert werden kann, sich auf dem Rücken des Arbeiters zu bereichern, auf Kosten seiner Erschöpfung, Entfremdung, Verstümmelungen, auf Kosten eines Lebens das beschlagnahmt war durch die absurde Rationalität eines unmenschlichen Systems. Außerdem sagen wir daß bewaffneter Kampf zum Hoffnungsträger werden kann, zum Funken der Würde, welche die Flamme der Freiheit entzündet.

3.        Der revolutionäre Kämpfer muß eng mit den Volksmassen verbunden sein.

Doch das ist nur die allgemeine politisch-ideologische Rolle des bewaffneten Kampfs, der global handelt als Beispiel für den Widerstand und den revolutionären Angriff unter konkreter Veränderung des Kräfteverhältnisses und des Feindbildes, welche andere menschlichen Werte in Erscheinung treten läßt, als die, mit denen uns die alte Gesellschaft der Herrschenden versteinert. Es gibt eine deutlichere politisch-ideologische Rolle, die der Existenz des bewaffneten Kampfs innerhalb der Massen. Denn unsere üblichen Kritiker werfen uns vor, wir stünden außerhalb der Volksmassen und genau dieses Bild zeichnet auch die reaktionäre Propaganda. Daß bestimmte bewaffnete Gruppen heute sozial völlig abseits stehen und auch nicht den geringsten politischen Bezug zu den Massen haben ( höchstens um gelegentlich in antirepressives Elendsgejammer zu verfallen oder sich in den Gefängnissen mit der Kriminalität des Lumpenproletariats gleichzuschalten ) steht fest. Andererseits ist es auch normal und unvermeidlich, daß die Militanten individuell gezwungen sind völlig im Untergrund zu arbeiten, um ihre Aktivitäten korrekt fortsetzen zu können. Doch außerhalb des Volks steht nur der, der das wünscht.

Es sei uns gestattet, durch ein kleines persönliches Beispiel diese Frage zu erklären : Bevor ich mich aufgrund der Ereignisse und bestimmter Notwendigkeiten, die sich aus unseren politischen Entscheidungen ergaben, gezwungen sah, ganz zum Militanten zu werden, war ich ein Arbeiter wie jeder andere, Gewerkschaftsmitglied ( nicht aus Bewunderung für die Gewerkschaft, sondern ganz einfach, weil die Gewerkschaft bestimmte militante Möglichkeiten bot und die fortschrittlichsten Elemente ihr angehörten ) wobei ich mein illegales Engagement geheim hielt und gleichzeitig ganz legal in der Agitation und Massenorganisation, der Information und Propaganda tätig war. Ende dieser persönlichen Zwischenbemerkung. Wir wollten nur sagen, daß der bewaffnete Kampf einen nicht zum Außenstehenden in Bezug auf die Massen macht, wenn man das nicht will ( und wir wollen es eben nicht ). Selbstverständlich können bewaffnete Aktionen heute nur durch Untergrundstrukturen geführt werden, doch das bedeutet nicht daß deswegen ihre Militanten oder ihre politischen Linien der breiten Masse fremd sind. Ebenso wie ein Flugblatt nicht von der breiten Masse formuliert und verteilt wird, sondern von ihren fortschrittlichsten Elementen, und das gleiche gilt auch für den bewaffneten Kampf, insoweit er von den fortschrittlichen Elementen des Proletariats oder anderen Schichten des Volks geführt werden muß, und nicht von einer Art revolutionärer Geheimagenten die nicht in die Massen einbezogen wären.

Solange ihre eigene Sicherheit es ihnen erlaubt, müssen die Partisanen eine Lebensweise beibehalten, die den übrigen Proletariern konform ist, ihre Klassenidentität nicht nur ideologisch und politisch, sondern durch ihre eigene soziale Stellung beibehalten, aktive, alltägliche, permanente Beziehungen zu den Volksmassen unterhalten. Nicht nur durch die Anwendung einer historisch gesehen proletarischen politischen Linie, sondern auch durch ihre Rolle als objektive Avantgarde im Alltagskampf des Proletariats, insbesonders in den Kämpfen für die Befriedigung der unmittelbaren Bedürfnisse der Massen. Und wenn diese soziale Integration für eine winzige Minderheit von Militanten aus Sicherheitsgründen oder aufgrund besonderer militanter Aufgaben nicht möglich ist, dann dürfen das keine Außenseiter oder Rebellen sein, sondern Vollzeitmilitante, Berufsrevolutionäre und wenn auch das Wort einige Idealisten schockiert, Funktionäre ihrer Organisation.

4.        Eine proletarisch politische Linie.

Das zweite Bindeglied zu den Massen ist natürlich die Verwirklichung einer proletarischen politischen Linie, die sich auf eine Klassenanalyse und einen Klassenstandpunkt stützt ; das heißt einer Linie, die der geschichtlichen Funktion und dem geschichtlichen Werden des Proletariats als Klasse entspricht, die dazu aufgerufen ist, durch ihre Machtübernahme das Entstehen der klassenlosen Gesellschaft zu ermöglichen. Die kommunistische Linie.

Die dritte Achse der Integration in die Volksmassen ist die organisatorische Linie. Wir haben nie an kleine verstreute Einheiten gedacht [ nicht einmal koordiniert oder verbündet in einer Front ; die Formen des Kampfes können für die Bildung einer Front nicht maßgeblich sein, momentan geht es um die Frage der Organisation und der Partei, um die Entwicklung des revolutionären Kampfs und nicht um eine "Front", weder national noch europäisch ] welche die Massen durch ihre Aktion aufwecken sollen, wie das die Anarchisten im vorigen Jahrhundert denken mochten. Für die Kommunisten geht es gegenüber den Massen darum, durch ihre politische Praxis das Proletariat aus einer Klasse an sich zu einer Klasse für sich zu verschieben. Das heißt zur Klassenneubildung eines Proletariats beizutragen, dessen Bedeutung immer weiter wächst, ( im Gegenteil zu dem was manche behaupten ) das aber stark aufgeteilt ist ( unterschiedlicher Status innerhalb der Arbeiterklasse, Proletariat im Dienstleistungsbereich usw. ), um schließlich die Verwirklichung des Proletariats als Klasse zu beschleunigen, als dialektische Voraussetzung für dessen eigenes Verschwinden als Proletariat im Übergang zum Kommunismus. Das bedeutet Zugang des Proletariats zum Klassenbewußtsein. Träger, Ausdruck und Faktor des Klassenbewußtseins ist dabei die politische Organisation des Proletariats : die Partei.

5.        Der Aufbau der Partei.

Unsererseits denken wir, daß die Partei sich nicht selbst proklamieren kann, und die Partei als Voraussetzung für den revolutionären Aufschwung zu schaffen, bedeutet, den Pflug vor das Pferd zu stellen. Die Partei ist der wichtigste politische Ausdruck des Proletariats, sein zentraler Ort, der Motor und die Verkörperung des revolutionären Klassenbewußtseins. Daher kann man annehmen daß wenn man die Partei verteidigt, man das Proletariat verteidigt, aber wenn der letztgenannte nun in der Bewegung des Klassenkampfs noch nicht auf eine ausreichende Ebene der Wiederzusammensetzung, der politischen Identität und im gesamten sozialen Bereich als der größte objektive und subjektive Widerspruch in Erscheinung getreten ist, dann riskiert die Entwicklung der Partei, sich auf dem Verrat der Klasse zu orientieren, durch Kompromisse mit der Bourgeoisie in ihren parteipolitischen Spiel, oder aber es wird eine Verknöcherung um die « richtigen » Grundsätze und einer Linie, die zu ihrer Zeit richtig war, deren Anwendungsversuche aber auf die Wandlungen der objektiven Realität stoßen.

Wir können damit annehmen, daß die Partei die organisatorische Dynamik der objektiven Avantgarde des Proletariats zum Ausdruck bringt, daß sie aber als ausdrücklich gebildete Partei erst in Erscheinung treten kann, wenn sie vom Proletariat auf dessen Weg in die Welt gesetzt wird, wobei sie dann die politische, theoretische und militärische Zentralisierung des Proletariats in der Organisierung der entwickeltesten Elemente seiner Avantgarde ausdrückt ( die Partei ist weder eine Massenorganisation noch eine Gewerkschaft ). Die Partei bildet sich als monolitischer Ausdruck der Reife des Proletariats im Zuge der politisch-militärischen Konfrontation und folglich im Zuge des schrittweisen Auftretens der Notwendigkeit eines zentralisierten Instruments, das dem Proletariat als wichtigstes Instrument für die Machtübernahme dienen kann.

Die russischen Kommunisten haben sich nicht sofort in einer Organisation konstituiert, welche den Anspruch erhob, allein über die richtige Praxis und von vornherein als zentral zu gelten. Allerdings konnte dort die Partei als solche vielleicht frühzeitiger in Erscheinung treten, insofern die proletarische Zentralisierung unmittelbarer vorhanden war : eine kleine konzentrierte Arbeiterklasse, die Organisation der Avantgarde dieser proportional reduzierten Schicht konnte ganz legitim als Partei des Gesamtproletariats auftreten ( dessen Schichten, von der Arbeiterklasse abgesehen, völlig heterogen waren und damit keine autonome politische Kapazitäten hatten, was heute nicht mehr der Fall ist ).

Doch sind wir weder Subjektivisten noch Mechanisten, wir denken auch nicht, daß die Partei durch spontaner Zeugung oder schrittweise im Laufe der Entwicklung des Klassenkampfes entstehen wird, da eine Wechselwirkung zwischen dieser Entwicklung des Klassenkampfes und dem Vorgehen der Partei besteht. Damit es eine Partei gibt, muß der Wille dazu vorhanden sein, sie muß sich bilden, und diese Bildung muß einem bewußten politischen Willen und einer geduldigen Organisationsarbeit entsprechen. Alles hängt jedoch auch von den nationalen historischen Bedingungen ab, das heißt nicht nur von den objektiven sozialen Gegebenheiten, sondern auch von der eigenen Geschichte von jeder nationalen Arbeiterbewegung. In Spanien z.B. wird die Geschichte gekennzeichnet durch eine ununterbrochene Kontinuität der kommunistischen Bewegung, nicht nur der organisierten kommunistischen Existenz innerhalb der Arbeiterklasse, sondern sogar auf dem Niveau der kämpfenden kommunistischen Bewegung, da der bewaffnete kommunistische Kampf innerhalb des antifaschistischen Widerstands seit 1937 nie aufgehört hat. Aufgabe der modernen Kommunisten war somit die politische Wiedererrichtung der kommunistischen Partei und nicht ihre Schaffung aus dem Nichts, und diese historische Aufgabe ist das Werk der ( wiedererrichteten ) Kommunistischen Partei Spaniens. Es liegt auf der Hand, daß das in der BRD nicht der Fall ist, wo die kommunistische Bewegung ganz neu ins Leben gerufen werden muß, da es keinerlei Kontinuität dieser Art gibt, weil die kommunistische Bewegung dort seit vor dem Krieg zerschlagen ist.

In Frankreich ist die Lage ebenfalls anders ( diese fundamentalen Unterschiede tragen übrigens mit dazu bei, daß der Aufbau einer einheitlichen revolutionären Bewegung auf europäischem Niveau Blödsinn ist, abgesehen davon, daß soziale, wirtschaftliche und kulturelle Unterschiede selbst in dem imperialistisch immer stärker vereinheitlichten Europa wesentlich bleiben ; zwischen London und Athen, Frankfurt und Neapel, Brüssel und Sevilla gibt es ebenso viele Unterschiede wie zwischen New York und Abidjan ). Etwas vereinfacht läßt es sich sagen, daß die Lage der Kontinuität der kommunistischen Bewegung in Frankreich besser ist als in Westdeutschland, doch nicht so gut wie in Spanien, einerseits aufgrund der Voraussetzungen, unter denen die FKP entstand, die von Anfang an große Schwächen hatte, und andererseits weil die Kapazitäten des bewaffneten kommunistischen Kampfs, der im Rahmen des antifaschistischen Widerstands zur nationalen Befreiung aufgetaucht war, 1945 abgewürgt wurden und wir also 40 Jahre Zerstörung kommunistischer Bewegung in diesem Land vorfinden. Für uns muß es somit in Frankreich weniger um eine Wiedererrichtung als um einen erstmaligen Aufbau der kommunistischen Partei gehen. Das ist eine langfristige organisatorische Aufgabe ; nun sprachen wir von der Partei, wie wir es weiter oben definiert hatten. Und diese Steigerungsfähigkeit des Aufbaus der Partei verbietet natürlich nicht anzunehmen, daß ein wichtiger Schritt auf diesem Wege der relativ kurzfristige Aufbau einer Partei wäre, einer revolutionären Partei mit folgenden drei Kennzeichen : Kommunistisch, Proletarisch, Kämpfend.

6.        Der bewaffnete Kampf als Praxis der Avantgarde beim Aufbau der Partei.

Wir stellen folglich den bewaffneten Kampf nicht als eine Gesamtheit von Grüppcheninitiativen dar, mit denen die Masse erweckt und Reaktionen ausgelöst werden sollen, wobei man abwartet was geschieht. Der bewaffnete Kampf kann sich aber auch nicht darauf beschränken, den « bewaffneten Arm » der Massen zu bilden, wir lehnen diese Vorstellung völlig ab, die aus der Guerilla ein Art radikale Untergrundfraktion der Gewerkschaftsbewegung machen würde, wobei abgewartet würde daß die Massen ein Bedürfnis äußern, um dann zu seiner Befriedigung beizutragen usw. Wir verstehen den bewaffneten Kampf weder als Ausdruck eines bewaffneten Arms der Massen noch als den bewaffneten Arm einer nicht bewaffneten politischen Organisation ( wie das zwischen der proletarischen Linken und dem neuen Volkswiderstand der Fall sein könnte ; dieses Konzept halten wir heute für falsch ).

Andererseits betonen wir nachdrücklich, daß der bewaffnete Kampf nicht nur eine Form des Kampfs unter anderen ist, nicht ein besonderes Hilfsmittel der Massenkämpfe. Der bewaffnete Kampf läßt sich nur als kommunistisch und revolutionär bezeichnen, wenn er sich in die Kontinuität der historischen Strategie der kommunistischen Weltbewegung einfügt. Er muß zum konkreten Ausdruck des Prozesses werden, bei dem die organisierte Avantgarde des Proletariats politisch in den Vordergrund tritt, eine Avantgarde , die der Ort ist, in dem sich das Klassenbewußtsein des Proletariats katalysiert, was die historische Funktion der Partei ist, weshalb der revolutionäre bewaffnete Kampf ein wesentlicher und untrennbarer Bestandteil des Prozesses zum Aufbau der Partei ist.

Konkret bedeutet das unter anderem, daß der bewaffnete Kampf als politische Praxis die durch eine wahre Strategie diktiert wird ( die also unvereinbar ist mit Spontanität und Subjektivismus ) im Proletariat verankert sein muß und dort als höchster politischer und militärischer Ausdruck einer allgemeinen politischen Aktion, die zentral organisiert ist, funktionieren muß; das heißt also, daß die traditionellen Funktionen der Organisationen einbegriffen sein müssen, die sich auf die revolutionäre Bewegung berufen, ohne sich die Mittel zu geben um wirklich revolutionär zu sein. Das bedeutet, daß um den bewaffneten Kampf herum ( das heißt im selben Rahmen der organisierten Strategie wie der bewaffnete Kampf und nicht speziell durch ihn ) alle taktischen Formen der politische Aktion, der Propaganda, Agitation, Denunziation, Erklärung, Information, der Bildung und Entwicklung von Massenorganisationen ablaufen müssen.

VI.        Die politisch-militärische Frage

1.        Die Machtübernahme wird nur durch einen langandauernden revolutionären Krieg möglich sein.

Nachdem wir uns mit dem Problem der Bewußtseinserweckung befaßt haben, ausgehend von der Kritik der Insurrektionstheorie, wollen wir diese Kritik fortsetzen, indem wir sie diesmal aus militärischer Sicht betrachten.

Die politische Machtübernahme durch das Proletariat auf einem punktuellen und massiven Aufstand abzustützen ist heute unmöglich. Wir haben die politischen und ideologische Gründe gesehen, die Gründe bestehen ebenfalls aus militärischen Motiven. Niemals waren die Repressionsapparate so mächtig und wirksam, niemals gab es ein solches Mißverhältnis zwischen den militärischen Möglichkeiten des Proletariats und den militärischen Kräften der bourgeoisen Diktatur. Auf internationalem Niveau steht uns das System der NATO gegenüber, die Koordination der Polizeien, die Informatisierung der Nachrichtendienste und damit der Aufschwung des internationalen Austausches, die wirkungsfähigen Möglichkeiten des « europäischen Rechtsraums », die aktive Tendenz zur europäischen Standarisierung der Bullen-, Justiz- und Knastapparate ( mehr oder weniger ), bis zu den militärischen Geräten. Selbstverständlich ist das alles von der Homogenisierungstendenz unzertrennlich die sich auf der sozial-ökonomischen und politischen Ebene, unter der Schirmherrschaft der Sozialdemokratie, ergibt.

Auf nationalem Niveau brauchen wir uns nicht lange bei der militärischen Macht des Feindes aufzuhalten, wir werden in dieser Frage von den antirepressiven Heulsusen und sonstigen Demokraten ( selbst wenn sie bewaffnet sind ), die vom « großen Bruder » besessen sind, zur genüge mit Informationen bedient. Es reicht, das beträchtliche Anwachsen der Militär- und Polizeikräfte zu beschreiben, ihre wachsende technische und strukturelle Fähigkeit zur Aufstandsbekämpfung, das Überziehen des ganzen Landes mit einem engmaschigen polizeilichen Netz zur Überprüfung sowohl der Massen als auch des Einzelnen, für das alle Errungenschaften aus Wissenschaft und Technik eingesetzt werden.

Selbst in dem völlig unmöglichen Fall, daß die notwendige Planung und militärische Vorbereitung des Aufstands der militärischen Kontrolle des Feindes entgehen würde und es damit auch seiner präventiven Repression entgehen würde, hatten die Volksmassen auch nicht die geringste Chance im heutigen Westeuropa erfolgreich die direkte Auseinandersetzungen zu übernehmen, was Formen des Stellungskriegs, die Errichtung befreiter Gebiete, die Besetzung städtischer Ballungszentren, die nicht nur punktuell wären, voraussetzt. Heute kann eine zahlenmäßige kleine, spezialisierte und professionelle Streitmacht, die mit modernem Gerät ausgerüstet ist, voll wirksam eine Offensive gegen einen Aufstand durchführen. Ferner ist die neue Dezentralisierung der Einsatzkommandos und ihre Fernmeldemittel zu berücksichtigen, was bedeutet, daß eine plötzliche Aufstandsoffensive nicht in der Lage wäre, das operationelle Funktionieren des Feindes zu lähmen, da die Führungs- Fernmelde-, Logistik- und Kampfmittel nicht konzentriert sind, sondern auf sehr flexibele Netze verteilt sind ( die Frage läßt sich heutzutage nicht mehr durch Einnahme einiger Kasernen und des Hauptpostamts lösen ... ).

Hinzu kommt, daß wenn die Entwicklungskrise des Imperialismus allzu kritisch andauern würde, ohne daß ein momentaner Ausweg in einer militärischen Konfrontation zwischen den Blöcken gesucht würde, könnte der Bourgeoisie gar nichts besseres passieren als ein Proletarieraufstand, weil es dann zu einer Neuauflage der Vernichtung der Kommune von 1871, der Kommune von Shanghai, der Spartakisten Bewegung usw. kommen könnte. Die Bewegung würde im Blut erstickt werden, vor allem durch die neuen leichten Artilleriesysteme, der Luftkampfmittel ( vor allem Kampfhubschrauber ), zweifellos auch mittels taktischer Nuklearwaffen, deren konterinsurrektioneller Einsatz ausgesprochen realistisch erscheint, weil die materiellen Vernichtungen relativ begrenzt sind ( was weniger spektakulär und moralisch akzeptabler ist ), wobei die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten dieser taktischer Nuklearwaffensysteme sehr aussichtsreich erscheinen und ein großer Fortschritt der Militärwissenschaft sind. Diese Art militärischer Konfrontation hätte für die Bourgeoisie die Vorteile der klassischen interimperialistischen Kriege : Brutale wirtschaftliche Erneuerung, Beseitigung der Überproduktion usw. Außerdem ließen sich damit einige Reste institutioneller Widersprüche der Bourgeoisie durch Einsetzung brutaler staatlicher Strukturen beseitigen, es würde zu einer besseren Beherrschung der imperialistischen Umstrukturierungsbewegungen kommen, und ein gebrochenes Proletariat würde wieder erneut ein halbes Jahrhundert sozialen Friedens unter verstärkter Ausbeutung und Repression ergeben.

Wir müssen uns also für einen langfristigen revolutionären Prozeß, einen langandauernden Revolutionskrieg entscheiden, weil derzeit die Aussichten auf eine Revolution ausgeschlossen sind, die sich auf einen friedlichen parlamentarischen Übergang ( diese Lösung ist so absurd, daß wir gar nicht darüber sprechen ) oder einen friedlich vorzubereitenden plötzlichen und massiven Aufstand abstützen würden.

2.        Die wichtigsten Kriterien in Verbindung mit der strategischen Entscheidung des bewaffneten Kampfs.

Als Zusammenstoß zwischen militärisch ungleichen starken Kräften muß der proletarische Befreiungskrieg als Hauptform die Guerilla haben, da der Partisanenkrieg das einzige militärische Mittel ist, das bei einer Konfrontation mit zahlenmäßig und technisch überlegenen Kräften erfolgreich sein kann.

Ein solcher langandauernder Krieg wird innerhalb des Proletariats die Entwicklung einer echten ( und nicht selbst ernannten ) Avantgarde ermöglichen, die durch das Klassenbewußtsein bestimmt ist. Ein Klassenbewußtsein, das nur auf dem eindeutigsten Klassenstandpunkt beruhen kann. Ein Klassenstandpunkt, der sich nur durch einen absoluten Einsatz im Klassenkampf, und dies auf seinem höchsten Niveau, in seiner Gesamtheit erwerben und sich objektiv verwirklichen läßt. Der bewaffnete Kampf für den Kommunismus zielt auf diese kämpferische Gesamtheit ab und will somit den Raum der absoluten antagonistischen Konfrontation als den Ort bezeichnen, wo das revolutionäre Klassenbewußtsein entsteht, insofern es vor allem eine Vollständigkeit ist, das vollständige Bewußtsein, am Gang der Geschichte als Klasse beteiligt zu sein, deren Kampf um die Macht die Menschheit aus ihrer tierhaften verfremdeten Vorgeschichte herausreißen wird.

Die Partei ist zugleich Träger und Produkt des Klassenbewußtseins, da sie die Zentralität des Proletariats als Klasse zum Ausdruck bringen muß und die am weitesten fortgeschrittene Organisationsform des Proletariats ist.

Folglich muß der bewaffnete kommunistische Kampf der höchste ( weil der vollständigste ) Ausdruck des Klassenbewußtseins sein, doch ist die Partei zugleich Träger und Produkt dieses Klassenbewußtseins ( genauso wie sie ihr organisatorischer Ausdruck ist, während das Konzept des bewaffneten Kampfs sich mehr auf die Äußerungsform als auf die Art der Kollektivierung des Bewußtseins bezieht ) ; der bewaffnete Kampf äußert sich daher gemäß einer Entwicklung, welche die der Partei eigentümlichen Funktionen zunächst auftauchen läßt und dann ihre Verwirklichung anstrebt. In diesem Sinn ist der bewaffnete Kampf der Klassenkampf, der den Weg zum Aufbau der Partei beinhaltet. Das erfordert von der Guerilla einen klaren Kurs bei ihren Entwicklungsentscheidungen. Schauen wir uns das näher an :

— Wir wollen den Kommunismus. Um dahin zu gelangen, muß das Proletariat die Macht übernehmen und sie ungeteilt ausüben. Das ist heute angesichts der derzeitigen Polarisierung der Gesellschaft möglicher denn je, die aus dem Proletariat die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung gegenüber einer Bourgeoisie gemacht hat, die sich zunehmend um die imperialistische Oligarchie schart, selbst wenn die innere Zusammensetzung des Proletariats heterogen ist ( allerdings darf man das auch wieder nicht übertreiben, da z.B. die Arbeiterklasse immerhin sehr viel homogener ist als früher ). Das « Volk » hier und jetzt ist das Proletariat, nur die Proletarier. Und das Kleinbürgertum ? Es liegt in jeder Hinsicht im Sterben und kann keinerlei revolutionäre Rolle mehr spielen, es ist heute historisch völlig reaktionär, da seine objektiven Interessen, ( die es übrigens in seinen politischen Äußerungen voll zum Ausdruck bringt ) einmal eine Ablehnung der Vernichtung des Kapitalismus ( daher der immer heftigere Antikommunismus des Kleinbürgertums insgesamt, selbst in den früher als « fortschrittlich » bezeichneten Schichten : die linksintellektuellen z.B. sind die hohen Priester des Kreuzzugs gegen den Kommunismus ) und Widerstand gegen die imperialistische Entwicklung sind, was in beiden Fällen dem Sinn der Geschichte zuwiderläuft und somit reaktionär ist. Folglich muß sich die Guerilla als Kampfform und Organisationstyp im Proletariat entwickeln und darf auf keinerlei Klassenbündnis beruhen. Dabei sehen wir das Proletariat nicht so wie bestimmte Subjektivisten, die den Proletarier anhand von Bewußtseinskriterien oder Situationen im Abseits definieren, sondern wir verstehen es im marxistischen Sinn des Wortes und können hier, wenn wir sehr großzügig sind, nur diejenigen als Proletarier sehen, deren Einkünfte weder direkt noch indirekt aus einer Mehrwerterpressung stammen. Wir sprechen dabei nicht vom Proletarier als « soziale Figur » oder von etwas das durch sozial-kulturelle Kriterien definiert ist, sondern einzig und allein anhand seines objektiven Platzes in den Produktionsverhältnissen.

Das bedeutet nicht, daß Außenseiter oder Kleinbürger, getrieben von ihrer Subjektivität oder ihrer intellektuellen Überlegung sich nicht auf Seiten der Guerilla einsetzen können. Das soll nur heißen, daß die Arbeit der organisatorischen Entwicklung der kommunistischen Kämpfer sich ausschließlich im proletarischen Milieu abspielen muß, daß die politische und militärische Leitung der Organisation streng von Proletariern gesichert wird ( und nicht von Kleinbürgern bzw. subjektiven Proletariern ).

— Ein weiterer Wesenszug der Guerilla auf ihrem Weg zum Aufbau der Partei ist die Bildung einer Kaderorganisation. Die den bewaffneten Kampf führende Organisation hat absolut nichts mit einer Massenorganisation zu tun, es handelt sich weder um eine bewaffnete Gewerkschaft noch um eine Art Dachverband von Kampffronten, von sozialen Bewegungen oder bewaffneten Gruppen, die politisch autonom wären, es handelt sich auch nicht ( folgt meinem Blick ... ) um ein Untergrundgrüppchen, das sich auf eine Bewegung Ausgeflippter, Lumpenproletarier oder orientierungslosen Kleinbürgern abstützt ( welche die erste Gelegenheit nützen, um zu bereuen und ganz aktiv mit den Bullen zusammenzuarbeiten ; auch das ist eine Gemeinsamkeit zwischen bestimmten derzeitigen Gruppen und den sozialrevolutionären oder anarchistischen Gruppen von früher, von denen sie bis zum Sigel beeinflußt werden ). Ganz im Gegenteil, die kämpfende kommunistische Organisation muß aus kommunistischen Kadern zusammengesetzt sein, das heißt aus erfahrenen Partisanen, die höchst politisiert sind, eine solide Erfahrung in Massenagitation, Propaganda und Organisation haben und ausreichende politische und theoretische Fähigkeiten haben, damit jeder Militant der aktive Erzeuger der kollektiven politischen Linie sein kann. Jeder Kämpfer muß in der Lage sein, die gesamte strategische Linie auf sich zu nehmen und er muß somit politisch und militärisch fähig sein, von sich aus und unter allen Umständen eine Organisationseinheit ins Leben zu rufen oder neu zu errichten.

— Um den revolutionären Prozeß wirklich zu beherrschen, und zu verhindern, daß die kämpfende Organisation nur eine Art bewaffneter Arm der spontanen Massenbewegung ist ( die durch Spontanität nicht zur Revolution geführt werden kann, sondern zum « Gewerkschaftswesen » wie Lenin bemerkte ) und sich diesem gegenüber folgsam und opportunistisch verhält, müssen Arbeitsweise und Vorgehen der Organisation eine einzige Linie zum Ausdruck bringen, in der jeder Partisan sich voll identifizieren muß. Opportunismus und Bündnisse auf der Basis eines « kleinsten gemeinsamen Nenners » sind abzulehnen. Es handelt sich somit nicht um eine Sammlungsbewegung, in der jeder tut, was ihm paßt, wobei man sich auf einer politischen Basis befindet, die häufig in den letzten Jahren die Regel war, und sich folgendermaßen zusammenfassen läßt : « Man muß was tun, man muß sich organisieren, um mit den Kumpeln und netten Leuten, die handeln wollen, Sachen gemeinsam zu tun » oder sonstige Absurditäten die übrigens de fakto völlig undemokratisch sind, da die Weigerung der politischen und organisatorischen Strenge dazu führt, daß die tatsächliche Leitung dieser Art von Konglomerat von einer « Elite » monopolisiert wird, die aus denjenigen besteht, die aufgrund ihrer persönlichen Erfahrung oder ihres sozialen-beruflichen Statuts mehr politische und theoretische Fähigkeiten haben. Eine wirkliche kommunistische Funktionsweise muß ganz im Gegenteil auf dem demokratischen Zentralismus beruhen, auf einer präzisen organisierten Struktur, so daß jeder wirklich und wirksam an der Ausarbeitung der politischen Linie teilnehmen kann, in einer organisierten kollektiven Betätigung, die sich eine zentrale politisch-militärische Führung als Funktion gibt, welche die Kollektivierung und Vereinheitlichung der Synthese der politischen, militärischen, theoretischen und organisatorischen Praxis der verschiedenen Kampfeinheiten und jedes einzelnen Militanten gewährleistet.

— Diese strukturierte und zentralisierte Aspekte einer Organisation, die auf diese Weise versucht, sich die Mittel zu geben, um objektiv an der objektiven Spitze des Klassenkampfs zu sein, führen dazu daß die Organisation der kommenden Partei vorgreift und auf diese Weise kann die Partei sich im Verlauf des revolutionären Prozesses herausbilden. Dieses Konzept des « Vorgriffs » ist extrem wichtig, denn dank ihm lassen sich sowohl abenteuerliche Übereiltheit als auch Verknöcherung vermeiden, ein Festfahren aufgrund der Unfähigkeit, den Kampf von einer Phase in die nächste zu führen. Daher gibt sich der revolutionäre bewaffnete Kampf keine endgültige Form, die bis zum Endsieg beibehalten werden müßte, er muß eine Reihe unterschiedlicher Phasen durchlaufen, die miteinander verknüpft sind und jeweils einer bestimmten Situation des politischen und militärischen Kräfteverhältnisses entsprechen. Dabei ergibt sich die Verknüpfung zwischen zwei aufeinander folgenden Phasen gerade dadurch, daß eine bestimmte Phase einer historisch gegebenen Situation entspricht, gleichzeitig aber auch auf die folgende Phase vorausgreifen muß und also die Tendenzen enthält, die sich durch ihre Entwicklung in der folgenden Phase voll durchsetzen werden, die dann ihrerseits wieder zum Teil auf die nächste folgende Phase vorausgreifen usw.

3.        Die Vorbereitungsphase auf die Etappe der bewaffneten Propaganda.

Das bedeutet, daß wir uns in Frankreich in einer Vorphase der Phase der bewaffneten Propaganda befinden, die aus drei hinsichtlich ihrer Bedeutung aufeinanderfolgenden Phasen bestehen muß, die jedoch chronologisch gesehen eine gewisse Gleichzeitigkeit haben sollen oder zumindest rasch aufeinander folgen :

a) Am vorrangigsten ist eine intensive theoretische Vorarbeit, Analyse der aktuellen Realität in all ihren Komponenten, und deren Neuintegration in eine historische Perspektive um eine ausreichend konkrete und vollständig globale revolutionäre Strategie zu entwickeln, die dann in Verbindung der daraus folgenden Praxis sich als zusammenhängende und totalisierende politische Linie äußert, welche die politische Kontinuität und die politisch-militärische sowie die organisatorische Entwicklung weiterführt.

b) Eine politische Einigungsarbeit um die eben genannte politisch-theoretische Basis. Das muß sich in einem Ansatz zur Strukturierung der revolutionären Organisation äußern, die bereits zu diesem Zeitpunkt folgende Eigenschaften aufweisen muß : eine strukturierte Organisation ( anhand der Erfahrungen, die wir aus den traditionellen Organisationsformen der Arbeiterbewegung und aus den verschiedenen vergangenen und gegenwärtigen Erfahrungen der revolutionären Guerilla ziehen ), strategisch zentralisiert, kommunistisch, im Untergrund und bewaffnet, antiimperialistisch und damit internationalistisch ( was aber keinerlei Fusion mit Organisationen bedeutet, die aus anderen nationalen Realitäten herkommen, denn das wäre erst in einem sehr hohen und damit späteren Entwicklungsstadium denkbar ), proletarisch durch ihre Zusammensetzung und ihrer Klassenstellung. Sie muß das politische mit dem militärischen unter einheitlicher Führung verbinden, was bereits ein Ansatz zur « kämpfenden Partei » ist, von der Lenin als Organisationsform der Avantgarde während der Insurrektionsperiode sprach ; das politische darf dabei dem militärischen nicht untergeordnet sein, andererseits darf das militärische auch nicht einfach ein « bewaffneter Arm » des politischen sein, da beim heutigen Stand der imperialistischen Integration die militärische Frage vor allem eine politische Frage ist und die politische Frage sich ohne Einbeziehung der militärischen Frage weder lösen noch stellen läßt. Das politische und das militäre sind untrennbar, und im modernen proletarischen Befreiungskampf wird die Partei ebenfalls der zentrale Kern der Roten Armee sein.

Die Mittel dieser Praxis der politischen Bildung und Vereinheitlichung sind der politische Kampf innerhalb der revolutionären Bewegung, Bekehrungseifer, die Ausbildung von Kadern, Massenagitation und -Propaganda in all ihren Formen und in allen Bereichen, die wahre Einsätze des Klassenkampfs bilden [ die wahre Einsätze des Klassenkampfs bilden, das heißt die auf einer objektiven Analyse der objektiven Realität beruhen, insbesonders auf der Analyse der Klassenzusammensetzung und nicht auf subjektiven Faktoren wie Streben nach Illegalität und Revolte bzw. Ausmaß der erlittenen Repression usw. ].

c)  Eine militärische Praxis, welche darauf abzielt, der Organisation die Mittel zur Durchsetzung ihrer Politik und ihrer weiteren politisch-militärischen Entwicklung in der Guerilla zu geben. Diese Praxis des bewaffneten Kampfs erfüllt somit drei Funktionen : ideologisch und politisch, logistisch, organisatorisch. Die Bedeutung der militärischen Aktion in der derzeitigen Phase ist nicht sofort erheblich und kann keine « strategische » Tragweite im politischen und ideologischen ( und natürlich noch weniger im militärischen ) Sinne haben ; sie nicht auf abstrakten Analysen wie geopolitische Überlegungen oder anderer völlig abstrakten Konzeptionen beruhen zu lassen, wie die Umstrukturierung-zur-Kriegsvorbereitung-zu-bekämpfen », unter denen sich niemand etwas vorstellen kann. Man muß entschlossen konkret, direkt leserlich sein ; ein richtiges politisches Vorgehen ist ein Vorgehen das keinen Kommentar und Erklärung braucht.

Die Bedeutung dieser Praxis liegt besonders in der Vorbereitung der wirklich offenen Phase bewaffneter Propaganda, das heißt in dem schon einige Aspekte aufgezeigt werden, jedoch relativ verstreut und gemäß der flexibelsten Ausdrucksformen.

4.        Die Phase der bewaffneten Propaganda.

Diese von uns gerade genannte Phase muß sich konkrete politische und organisatorische Ziele vornehmen, welche kurzfristig erreichbar sind, da es sich um eine kurze Periode handelt. Dagegen ist es schwer, im voraus den zeitlichen Rahmen der eigentlichen Phase der bewaffneten Propaganda zu bestimmen, da ihre Resultate anders als in der ersten Phase nicht nur von uns abhängen. Die Etappe der bewaffneten Propaganda muß alle Aufgaben der vorhergehenden Periode fortführen, zu denen sich eine Umwandlungsaktion der Realität des Landes hinzufügt, indem sie als errichtete politische Kraft einschreitet. Die Phase der bewaffneten Propaganda ist durch folgende Aspekte gekennzeichnet, die mehr auf eine Entwicklung als auf eine direkte Übernahme des Kräfteverhältnisses abzielen :

— die revolutionären kommunistischen Ideen müssen, mit den Guerillaaktionen als Stütze, so breit wie möglich verbreitet werden ; diese Aktionen spielen dabei eine medienpolitische Rolle : mag für die Bourgeoisie womöglich das Fernsehen das schlagkräftigste Medieninstrument sein, nun gut, für uns ist es die bewaffnete Aktion, deren Wirksamkeit im übrigen durch die Medien des Feindes verstärkt wird. Es geht nicht um Aktionen, welche von der Mehrheit der Massen begeistert aufgenommen werden, denn wenn das möglich wäre, dann würde es bedeuten, daß das Klassenbewußtsein des Proletariats soweit entwickelt ist, daß die Revolution bereits seit langem hätte stattfinden müssen ; nein, es geht einfach darum, daß die Aktionen richtig sind ( nicht richtig an sich, das will nichts besagen, sondern richtig in Funktion ihrer politischen Wirksamkeit ), wobei die Ziele so selektiv sein müssen, daß sich die Mehrheit der Bevölkerung nicht angegriffen fühlen kann. Die bewaffneten Aktionen müssen in den proletarischen Schichten Zustimmung finden, bei denen wir die stärksten revolutionären Potentiale erkannt haben. Das wiederum hängt mit der unumgänglichen notwendigen Klassenanalyse zusammen, denn bei jeder bewaffneten Aktion muß man ebenso wie bei jeder schriftlichen oder mündlichen Äußerung, von der Bombe bis zum einfachen Flugblatt obligatorisch, sehr präzise festlegen, an wen man sich richtet ; Aktionen der revolutionären Praxis brauchen sich nicht darum zu kümmern, ob sie moralisch an und für sich richtig sind ( und wäre es eine « revolutionäre » Moral ) noch um die großen abstrakten Analysen, sondern sie müssen völlig bestimmt sein durch eine straffe Dialektik, in der die Klasse oder Klassenschicht oder sogar diese oder jene Gesellschafts-oder Berufsgruppe oder sozial-kultureller Gemeinschaft bestimmt ist, auf die sich die fragliche Aktion abstützt und an die sie sich wendet.

— Ausschlaggebend für die Wahl und das Niveau der Aktion ist jedoch nicht, ob sie « den Massen Spaß macht ». Die Aktionen müssen nämlich immer oberhalb dessen angesiedelt sein, was von der Mehrheit voll gebilligt werden könnte, allerdings ohne politisches Aberteuertum, also ganz genau an der Grenze, jenseits der die Aktion von seiten der Proletarier mißbilligt werden würde ( angesichts der derzeitigen ideologischen Herrschaft der Bourgeoisie ). Indem sie also ständig diese Akzeptstufe der proletarischen Mehrheit streifen, führt die Vervielfachung der Aktionen dazu, daß die breiten Massen sich daran gewöhnen, die bewaffnete Aktion als eine politisch legitime, normale und natürliche Form des politischen Kampfes anzusehen. Der bewaffnete Kampf erlangt dadurch die Legitimität und Ernsthaftigkeit, die das politische, ideologische und militärische Engagement einer wachsenden Anzahl von Proletariern begünstigt. Wenn wir in den letzten Sätzen jedesmal ausdrücklich von « Proletariern » sprechen, dann weil es uns einzig und allein um das Proletariat geht. Wir messen dem hysterischen « Antiterrorismus »-Geschrei, dem Seufzen und Gekreische der Linksradikalen und der Demokraten, das heißt all der verängstigten Kleinbürger, die sich der Entwicklung des revolutionären bewaffneten Kampfs widersetzen, nicht die allerkleinste Bedeutung bei, weil dieser sie nicht mehr ruhig ihre Existenzängste und ihre müßigen Diskussionen genießen läßt. Der bewaffnete Kampf stört die berugsmäßigen Jammerfritzen, die in einem abstoßenden Sadomasochismus gegen die « Repression » Gefallen finden und die fürchten, von der gegen den revolutionären Kampf gerichteten Repression ebenfalls betroffen zu werden, was uns völlig egal ist, ganz im Gegenteil, wenn sie durch den Gegenschlag der legitimen Repressionsaktionen zum Selbstschutz der Bourgeoisie gegen die proletarischen und revolutionären Angriffe zu leiden haben : eine wahre Erlösung !

— Gegen die großen und kleinen Wächter der bourgeoisen Moral, die Jahrhunderte lang als Rechtfertigung für Sklaventum, Massenmord, Repression und Entfremdung schlimmster Art diente, werden wir die Wahrheit sagen, weil man sagen muß, wie es ist, um es verändern zu können, wir werden es durch unsere Politik, durch unsere Aktionen sagen : Nein, nicht alle Menschen sind Brüder, Mensch ist nicht gleich Mensch, ein Toter hat nicht dasselbe Gewicht wie ein anderer. Es ist richtig, auf weißen Terror mit rotem Terror zu antworten. Und wenn das den Kleinbürgern mißfällt, dann wird es der selbe Preis sein, denn wenn diese Klasse behauptet, sich nach moralischen Werten eines humanistischen, idealistischen und erstarrten Bewußtseins zu richten, so kämpfen die Proletarier nicht, um sich mit einem innewohnenden Bewußtsein voll zu füllen, sondern für ihr Leben, sowohl fur ihren Alltag als auch für ihr historisches Werden, ihr Leben das beschlagnahmt, niedergewalzt und ent-fremdet ist. Die philosophische Nuance ist erheblich, auf seiten der Bourgeoisie gibt es ein vollendetes, ausgebiletes Bewußtsein und es geht darum, die objektive Realität mit den moralischen Werten dieses Bewußtseins in Übereinstimmung zu halten, während es auf seiten der Proletarier weder eine vollendete Moral noch ein vollendetes Bewußtsein gibt, sondern nur ein wesentliches Vorrücken eines Bewußtseins durch die Umwandlung der objektiven Realität, eine Dynamik die das Auftreten von neuen Werten miteinbezieht. Auf der einen Seite also der Anspruch auf eine Immanenz der Tatsachen und Werte, auf der anderen Seite, unserer Seite, bewußte Unterwerfung an eine Transzendenz, unter anderem die Transzendenz der Geschichte, die den Gang der Welt durchläuft. Radikaler Unterschied.

— Daher brauchen die kommunistischen Partisanen keinerlei Demagogie einzusetzen, man braucht sich nicht « beliebt » zu machen und die Frage, ob revolutionäre Aktionen auf Zustimmung oder Ablehnung stoßen, stellt sich nur in einer historischen, strategischen Perspektive und vor allem in einem Klassensinn, das heißt ausschließlich in Funktion der bestimmten sozialen Schichten an die sich die revolutionäre Politik richtet und nicht in Funktion der « Leuten » im allgemeinen ( dieser Begriff ist bedeutungslos, außer für die Subjektivisten, die « Gesellschaft » und « Staat » gegenüberstellen ). Der bewaffnete Kampf kämpft gegen das Aufgeben, die Entmutigung und die Passivität indem er zeigt, daß es eine wirkliche Oppositionspolitik, eine Praxis des realen Bruchs geben kann, daß die Furcht das Lager wechseln kann, die Straflosigkeit und Permanenz der Ausbeuter und Unterdrücker nichts entgültiges sind, das auch für die Unterdrückten Angriff möglich ist. Darin versucht der bewaffnete Kampf das mitzuteilen, was wirklich eine neue Mentalität sein muß : »wagt es zu kämpfen, wagt es zu siegen » !, was der Funktion der Bewustseinsbildung des bewaffneten Kampfs an sich entspricht.

5.        Die Frage der Organisation in dem bewaffneten Kampf.

Diese Funktion der bewaffneten Propaganda muß zusammen mit den anderen vielfältigen Formen der politischen Aktion ( insbesonders Massenarbeit ) während dieser Phase organisatorische Ausdruckformen finden. Es genügt nicht, Aktionen durchzuführen, auch wenn sie strategisch miteinander verbunden sind, sondern diese müssen unter allen Umständen innerhalb des Proletariats eine Kontinuität haben. Zu dieser Hauptbeschäftigung stoßen wir auf die Frage der Sympathisanten, ein sehr verworrener Begriff, der jeden politischen wie militärischen Opportunismus erlaubt ( wie uns die beklagenswerte Schwäche und Isolierung gegenüber der Repression derjenigen zeigt, die sich nicht scheuen, sich in ihrer bewaffneten Praxis auf unpolitische Individuen, Straftäter, ausgeflippte Kleinbürger und Anarchisten abzustützen, und sich selber als « Kommunisten » bezeichnen usw ; es wäre zum Lachen, wenn die menschlichen und ideologischen Folgen nicht so schwerwiegend wären ).

Wir denken, daß die Abschottung der Strukturen absolut sein muß, daß die Partisanen ihre politische Zugehörigkeit völlig geheim halten müssen und daß die Organisation total hermetisch sein muß. Was versteht man nun dem gegenüber unter Sympathisanten ? Wenn wir uns das Beispiel von bestimmten Gruppen ansehen, dann konte man denken, daß es « Sympathisanten der Guerilla » gibt, Leute die mit Formen des bewaffneten Kampfs sympathisieren, wozu jede ideologische Welle ausreicht, und die Rolle der « Militanten » wäre dann, diesen sogenannten Sympathisanten die Soße zu liefern, mit der alles umhüllt wird, das heißt eine ritualisierte, konfuse, mechanische Phraseologie, zusammengesetzt aus idiotischen Wortneuschöpfungen ( in Frankreich geschieht das vor allem indem man nach einigen Phrasen von achtundsechzig greift, die an einem unver-ständlichen Salat von italienischen und deutschen Wörtern umformiert werden, was einem Denken von verzweifelnder Armseligkeit einen « seriösen » Anstrich gibt ). Das Resultat ist, daß wir in diesen Gruppen gänzlich unpolitische Ausgeflippte, Bullen, Spitzel, Humanisten die existenziell auf Abwege geraten sind, sehen, die an bewaffneten Aktionen teilnehmen, bewaffnete Raubüberfälle durchführen, sich um Logistik kümmern, Verantwortlichkeit und andere Ungereimtheiten übernehmen. Wir unsererseits erklären, daß eine wirkliche kommunistische Organisation keine aktiven Sympathisanten haben kann, die man als « Sympathisanten des bewaffneten Kampfes » bezeichnen könnte. Der bewaffnete Kampf muß dem höchsten Niveau des Engagements entsprechen, dieser kann sich nur auf einem hohen Stand des politischen Bewußtseins abstützen, an ideologischer Festigkeit, theoretischer Ausbildung und militanter Erfahrung. Ansonsten läßt der Wunsch, sich als Kämpfer oder aktiver Sympathisant zu engagieren, nur ein militaristisches, abenteuerlustiges, im besten Fall manipulierbares Individuum erkennen. Für Militaristen und Abenteurer darf es aber keinen Platz in einer kommunistischen Organisation geben.

Ganz anders stellt sich die Frage für Personen, die sich wirklich im Volk eingefügt haben, die kämpferisch sind, sozial und psychologisch klar sind und die den kämpfenden kommunistischen Ideen in der Ganzheit ihres politischen Bewußtseins, und nicht in Teilaspekten, nahestehen. Es ist besser sich auf aufrichtige und solide Kommunisten abzustützen, statt auf Leute, die den bewaffneten Kampf billigen, ihn unterstützen wollen, aber keine kommunistischen Militanten sind. Das muß man begreifen, um die notwendige Ausbildung politischer Kader, Führer und vermittelnde Kader der Guerilla und der Massenbewegung absichern zu können. Die Existenz von Massenkadern, die nicht in der Guerilla aufgehen, ist eine absolute Notwendigkeit in jeder historischen Situation und überall in der Welt, sie ist die unausweichliche Voraussetzung nicht nur für die qualitative und quantitative Entwicklung der revolutionären Kräfte, sondern auch für das einfache Überleben der Guerilla angesichts der feindlichen Gegenangriffe, indem sie einen ständigen Wiederaufbau der Strukturen ermöglicht, wenn diese während dem Zusammenstoß Einbußen erleiden. Der militärische Gegenschlag der Bourgeoisie drängt die ursprünglichen Strukturen in eine völlig unproduktive Defensive und verwandelt den revolutionären Kampf in einen einfachen Kampf zwischen einer Gruppe bewaffneter Rebellen und dem Staat ( eine Lage, die angesichts des ungleichen Kräfteverhältnisses kaum länger zugunsten der Guerilla andauern kann ), falls es nicht innerhalb der Volksmassen Partisanen gibt, die die politischen Fähigkeiten haben, in ihrem Bereich die quantitative Entwicklung fortzusetzen, ständig die vernichteten Kampfeinheiten wieder aufzubauen und mit der Ausarbeitung und dem Funktionieren der politischen Linie weiterzumachen. Die Rolle dieser Massenkader ist es, eine politische Massenpraxis zu organisieren und durchzuführen, die sich in ihren Entscheidungen und Ausrichtungen an der strategischen Linie der kämpfenden kommunistischen Organisation orientiert. Dies innerhalb der bereits existierenden Massenorganisationen oder durch Schaffung vielfältiger Formen von Massenorganisationen, die notwendig sind, um die Kämpfe für die unmittelbaren Bedürfnisse des Proletariats führen zu können, unabhängig von den Organisationen der Klassenzusammenarbeit. Durch diesen Prozeß erfolgt das qualitative und quantitative Anwachsen der Guerilla, weil nur aus dieser politischen Massenpraxis die proletarische Avantgarde hervorgehen kann, aus der die organisierten kommunistischen Kämpfer hervorgehen sollen. Das bedeutet, daß die Organisation kein Mühe scheuen darf, die erforderlichen politischen und strukturellen Mittel anzuregen, um im Volk die bewußtseinsweckende Aktion des revolutionären bewaffneten Kampfs zu verstärken, da das Klassenbewußtsein sich in dem Maße entwickelt, wie das Proletariat sich politisch organisiert, allein die Tatsache, daß bewaffnete Aktionen durchgeführt werden, genügt natürlich nicht, um die Organisation entstehen zu lassen. Folglich sind Instrumente für eine nichtbewaffnete politische Aktion notwendig. Mittel für die Agitation, für die Propaganda, der Popularisierung der Kampfaktion der Massenorganisation in bestimmten Teilbereichen, der theoretischen und politischen Ausbildung sowohl der Untergrundpartisanen als auch der politischen Massenkader.

6.        Der Aufbau der Organisation kann nicht mit einer Frontpolitik identisch sein.

Diese politische Aktion der Organisation und der Ausbildung der in vorderster Linie stehenden Elemente der Volksmassen beinhaltet ein weiteres strategisches Ziel, das zur Phase der bewaffneten Propaganda gehört. Die kämpfende Organisation darf nicht eine Koordinierung von Gruppen, weder eine Front noch eine Koordinierung von Fronten sein, sondern sie muß homogen, monolitisch, genau strukturiert und in ihrer Führung zentralisiert sein. Dann setzt die Phase der bewaffneten Propaganda diesen Prozeß der Strukturierung und Vereinheitlichung / Zentralisierung fort, aber sie muß ebenfalls dieses Ziel ausweiten. Die bewaffnete Propaganda ist die erste Form des konkreten Auftretens der Politik des bewaffneten Kampfs für die kommunistische Revolution, sie ist die öffentliche Äußerung der politischen Linie der kämpfenden kommunistischen Organisation. Diese Praxis muß die Richtigkeit der befolgten Linie zeigen, indem sie politische und militärische Erfolge davonträgt, indem sie sich sichtbar entwickelt und von den Schlägen der feindlichen Abwehr weniger betroffen wird als andere. Diese Phase muß also eine anti-sektiererische Politik der politschen Öffnung, des Dialogs, der politischen und theoretischen Konfrontation umfassen, welche den Prozeß der Einigung unter den Revolutionären fördern muß. Wir gehen allerdings nicht von dem illusorischen Grundsatz einer « natürlichen » Einheit aus, von einer Einstellung des « wir sind alle Brüder trotz unserer Unterschiede im Detail », was spontane Annäherungen und Anläufe zum einträchtigen Miteinander legitimieren würde, nein, und es sind sicherlich nicht die Formen des Kampfes die ein Kriterium für politische Nähe bilden können. Nochmals, wir sind gegen Frontpolitik, wenn es um strategische Fragen geht wie sie vom revolutionären bewaffneten Kampf gestellt werden, wir sind gegen die Tatsache, sich mit politischen « Umfeldern » zu identifizieren. Die Einigungsprozesse zwischen Organisationen, Strömungen und Gruppen sind nur mit einer sehr schrittweisen, politisch sehr vorsichtigen Annäherung denkbar, in deren Verlauf die betroffenen Gruppen sich objektiv wandeln. Das was vereinigen kann ist auf keinem Fall ein Zusammenschluß und auch nicht Bündnisse, sondern der politische Kampf, die Konfrontation, der Kampf zwischen zwei Linien, das heißt der Ablauf des Klassenkampfs innerhalb der revolutionären Bewegung selbst. Das umfaßt eine intensive politische und theoretische offene Praxis : Thesen, Analysen, Orientierungen ( natürlich nicht die taktischen ) müssen weitgehend bekannt, und von den Revolutionären kritisch diskutiert werden.

Mit der politischen und ideologischen Aktion des bewaffneten Kampfs an sich und der vielfältigen politischen Aktion der kommunistischen Organisation innerhalb der proletarischen Massen ist diese Praxis des offenen politischen Kampfs innerhalb der revolutionären Bewegung ( und in der politischen Szene im Allgemeinen ) die dritte politische Funktion, über die die kommunistische Organisation verfügt, um sich qualitativ und quantitativ fortzuentwickeln.

VII.     Hin zum revolutionären Bürgerkrieg

1.        Während der Phase der bewaffneten Propaganda entstehen die Voraussetzungen für den revolutionären Bürgerkrieg.

Die Phase der bewaffneten Propaganda bereitet somit auf allen Ebenen die darauffolgende Phase vor, doch der augenfälligste Vorgriff ist zweifellos die objektive Aktion des bewaffneten Kampfs ( wenn auch beschränkt auf ihr propagandistisches Stadium ) auf die Voraussetzungen des Kräfteverhältnisses. Obwohl es sich noch nicht um eine Praxis handelt, welche das Kräfteverhältnis direkt verändert, sprechen wir von den Voraussetzungen dafür. Diese Funktion ist evident, allein die Tatsache, daß sich ein bewaffnetes Dissidententum [ das führt dazu, daß auch wenn wir in Frankreich die derzeit öffentlich existierenden französischen bewaffneten Gruppen radikal kritisieren, wir jedoch nichtsdestoweniger jede politisch bewaffnete Äußerung begrüßen, die sich als revolutionär versteht, alles was die Unsicherheit der Demokratie verstärken kann, ist uns augenblicklich günstig ] äußert, begünstigt den Prozeß der Militarisierung der kapitalistischen Führung, die Zuspitzung der Widersprüche der bourgeoisen Demokratie, die Militarisierung der Politik.

Während dieser Phase versucht die Guerilla natürlich nicht, militärisch zu siegen, doch ihre Störtätigkeit und die Vervielfachung der Aktionen drängen den bourgeoisen Staat in die Defensive, was ja gerade angestrebt wird ( es muß soweit kommen, daß Sandsäcke vor jeder Bank gestapelt sind ; jeder Bau der Arbeit-geberschaft, der Polizei, der Armee, der Justiz, der Politiker muß von Stacheldraht umgeben sein ). Die Dialektik des revolutionären Prozesses führt genau durch diese Reaktion. Denn derzeit erstreckt sich die bourgeoise Diktatur über den gesamten sozialen Bereich bis in die Köpfe hinein, wenn sie aber gezwungen ist, sich defensiv neu zu formieren indem sie sich noch stärker militarisiert, dann läßt sie eine neue subjektive Distanz zwischen sich und den Volksmassen in Erscheinung treten. Das Gefühl der Legitimität der imperialistischen Diktatur gerät ins wanken, sobald sich die Herrschaftsfunktionen konzentrieren und als solche in Erscheinung treten, statt im gesamten sozialen Kontext aufgelöst zu sein. Das was übrigens Marx sagte : « Der revolutionäre Fortschritt erfolgt durch die Schaffung einer mächtigen und vereinheitlichten Konterrevolution, durch die Schaffung eines Feindes, der die Partei des Aufstands dazu führen wird, durch den Kampf die Reife zu erlangen, die aus ihr die echte revolutionäre Partei macht ».

Die Militarisierung des Klassenkampfs, begünstigt durch die Guerilla, führt zu einer Verengung der Abstützbasis des imperialistischen Staates und damit zu einer fortschreitenden institutionellen Destabilsierung, bis dem Kapitalismus als einziger Garant nur noch die bewaffnete Macht bleibt. Dieser Prozeß ist ideologisch und politisch zu verstehen, insofern der revolutionäre bewaffnete Angriff die Zuspitzung bestimmter Widersprüche bewirkt : dort wo sich die Beziehungen zwischen der bourgeoisen Macht und den Proletariern befinden.

Die soziale Übereinstimmung beruht auf dem Funktionieren der bourgeoisen Demokratie, mit allen formellen Ausdrucksfreiheiten, der Vereinigung usw ... die das ebenso benötigt, Freiheiten, welche die Bourgeoisie absolut einschränken oder abschaffen muß, wenn sich eine bewaffnete Politik entwickelt. Falls das bourgeoise System jedoch die demokratischen Grundlagen verliert, aufgrund deren es funktioniert, so wohnt man einer Einschränkung, Schwächung und Zerbrechlichkeit der bourgeoisen Macht auf den politischen, ideologischen und sogar psychologischen Ebenen bei. Und auch das entspricht somit dieser Funktion des bewaffneten Kampfs, nämlich eine tiefgreifende Trennungslinie zwischen dem Feind und uns zu ziehen. Diese Trennungslinie unversöhnlich zu ziehen heißt, jedem nur noch eine einzige unumgängliche Alternative zu lassen : Revolution oder Konterrevolution. Und es wird ein erheblicher politischer und ideologischer Fortschritt sein, die umgebende Begriffsverwirrung zu beseitigen, die Übereinstimmung über den Haufen zu werfen, indem jede einzelne politische Kraft gezwungen wird, ihr Lager zu wählen. Manche ( Ultralinke, verschiedene Linksradikale, Anhänger von Bewegungen aller Art und alle die, die aufgrund ihres sozialen Status etwas zu verlieren haben, in der Art dieser berühmten « Freiheiten », aus denen nur sie die einzigen sind die irgendein Nutzen heraus ziehen ) werden uns kritisieren, indem sie sagen, daß diese Strategie die traditionellen politischen Kräften nur enger um den Staat scharen wird. Das ist richtig und auch gar nicht negativ, sondern genau das, was wir anstreben. Die Frage stellt sich, ob wir die Revolution wollen, oder ob wir dafür sind, daß der bourgeoise Staat von weiter « links » stehenden Kräften verwaltet wird. Wenn wir die Revolution wollen, dann müssen die revolutionären Kräfte als einzige echte Opposition, als einzige wirkliche unterschiedliche Alternative erscheinen. Und darum ist es eine ausgezeichnete Sache, wenn die konterrevolutionären Kräfte aller Tendenzen, die das institutionelle Spiel in Gang hielten, indem sie sich als oppositionell ausgaben, ihr wahres Gesicht zeigen und sich noch enger um die imperialistische Oligarchie gruppieren, was das politische Feld für das Eindringen einer echten Opposition um den revolutionären Kampf herum, öffnet.

2.        Die Endphase des revolutionären Krieges für die Übernahme der Staatsmacht.

Durch die damit verbundene objektive Radikalisierung bereitet die Phase der bewaffneten Propaganda die folgende Phase vor, indem sich zunächst das Feld für eine politisch-militärische Auseinandersetzung ergibt, das sich dann in Form eines revolutionären Bürgerkriegs ausdrückt, dessen militärische Form die Guerilla sein wird, die das gesamte in Betracht gezogene Gebiet und den gesamten sozialen Kontext erfaßt. Es handelt sich um einen Guerillakrieg, bis auf die Endphase, in der sich bereits in weiten Gebieten die proletarische Macht konstituiert ( an 1. Stelle dort, wo der revolutionäre Kampf mit einem nationelen Befreiungskampf des Volkes zusammenfließt, in « Frankreich » : zunächst einmal Euskadi, Bretagne, Korsika ... ) und das in einem komplizierten Kontext des langandauernden Prozesses mit vielfältigen internationalen militärischen und diplomatischen Verwicklungen, wie sie zum politisch-militärischen Kräfteverhältnis gehören, und was diese befreiten Gebiete lebensfähig macht, das heißt die weitere Vernichtung von Zonen weißer Macht durch Offensiven des konventionellen Kriegs ( klassisch und modern ).

Die Phase der ausgedehnten Guerilla zielt anders als die der bewaffneten Propaganda auf politisch-militärisch Siege ab, welche das Kräfteverhältnis tatsächlich verändern. Und zwar durch Störaktionen, Vernichtung feindlicher Mittel, welche den Feind binden, ihn zwingen, sich von den Bevölkerungen zu isolieren, sich auf bestimmte Orte zu konzentrieren oder seine Kräfte zu verteilen und dadurch verwundbar zu werden. Bezweckt wird damit, daß der Feind sich in diesem Prozeß der Militarisierung und des Selbstschutzes immer tiefer verstrickt, daß er zu einem wachsenden Sicherheitsaufwand genötigt wird, der normalerweise nicht nur auf seinen eigenen Kräften beruht, sondern auf dem gesamten sozialen Funktionieren und seiner vielfältigen institutionellen Netze ( daher die « Sicherheitsdoktrin », die in Westeuropa und früher in Lateinamerika auf Anstoß von Nordamerika übernommen wurde und in der äußere militärische Sicherheit, innere militärische Sicherheit, wirtschaftliche Sicherheit, politische und zivile Sicherheit im « sozialen Frieden » miteinander verbunden werden ). Der imperialistische Staat beginnt dann zu zerfallen, um seinen zentralen Kern politisch-militärischer Macht erhalten zu können, was seinerseits der revolutionären Bewegung zugute kommt, da der Prozeß der institutionellen Auflösung und des Unfähigwerdens der Mechanismen der bourgeoisen demokratischen politischen Macht zur Entwicklung von direkter Machtsentfaltung des Proletariats über punktuelle oder ständige Massenorganisationen, revolutionäre Betriebsausschüße, Stadtviertelräte usw ... und Massenkampfstrukturen beiträgt, die schon in der Phase der bewaffneten Propaganda in unterschiedlichen Formen entstehen müssen und sich mit der orientierenden Leitlinie, Organe der direkten Macht der Volksmassen zu sein, befestigen mussen.

Politisch-militärisch gesehen zielt die Phase der Ausweitung der Guerilla darauf ab, schrittweise eine Ausgewogenheit des Kräfteverhältnisses zu erreichen. Die Entwicklung der Offensivfähigkeiten der kommunistischen Kräfte sowie ihre dialektische Begleiterscheinung durch den Zerfall der institutionellen der bourgeoisen Macht werden schrittweise diesen Gleichstand der Kräfte erreichen und sie dann in einer Endphase umkehren in der das Proletariat sich aufmacht, den bourgeoisen Staatsapparat völlig zu zerstören, die Macht der Poletarier allgemein einzuführen und zu stabilisieren, die bereits während des revolutionären Klassenkriegs in Erscheinung getreten ist. Die Endphase, in der das Kräfteverhältnis zu unseren Gunsten umgekehrt wird, wobei es zweifellos zu einer größeren Vielfalt strategischer Offensiven, der Fortsetzung / Entwicklung der Guerilla zu Formen des konventionellen Kriegs zwischen unterschiedlichen Machtbereichen kommt, lokal oder regional durch insurrektionelle Machtübernahmen.

3.        Zusammenfassend ist die bewaffnete revolutionäre Strategie die moderne Methode, die notwendig ist für die kommunistische Revolution im heutigen imperialistischen Westen.

Wir möchten in diesen Zeilen besonders zu verstehen geben, daß es Zeit ist, daß der bewaffnete Kampf nicht länger als eine Art technisches Spielzeug, als vom Himmel gefallene Erfindung, als eine neue etwas verzweifelte Form des Kampfs erscheinen soll, der uns weiter als irgendwelchen romantischen Purismus entsprechen würde. Es handelt sich weder um eine Neuigkeit, die völlig abgetrennt von der Geschichte auftaucht, noch um die Wiederholung vergangener und damit überholter historischer Formen, sondern es handelt sich um die moderne Form eines Kampfes der fest in der Kontinuität der Geschichtsbewegung verankert ist. Ausschließlich in diesem Rahmen muß man nicht nur die Notwendigkeit des bewaffneten Kampfs begreifen, sondern ihn auch organisieren und strategisch meistern als das, was am Ende des 20. Jahrhunderts im Herzen der herrschenden Metropolen eines imperialistischen Systems, dessen kapitalistische Produktionsweise sich seinem Ende nähert, die historische Kontinuität zum Ausdruck bringt, die über die Kommune von 1871 und die Oktoberrevolution führt.

Selbstverständlich erheben diese Zeilen keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, es handelt sich nur um ein sehr allgemeines Schema, um strategische Orientierungen, jeder Punkt muß gründlich untersucht, ergänzt werden und jeweils auf die allgemeine Strategie zurückgeführt werden. Das ist die Aufgabe, die sich aus einer Notwendigkeit ergibt, die der revolutionären Theorie. Es geht übrigens nicht darum, über rein taktische Fragen öffentlich zu diskutieren, das würde nur zur Information des Feindes dienen und nicht der Revolutionären, welche dem doppelten Grundsatz größerer strategischer Strenge und größerer taktischer Flexibilität verpflichtet sind ( wobei jeder seiner Phantasie freien lauf lassen muß ! ). Eine revolutionäre Theorie, in der wir mit großen Schritten in allen Bereichen voranschreiten müssen ( politisch und militärisch, aber auch sozial, wirtschaftlich, philosophisch, kulturell usw. ) weil man sich ganz absolut, unnachgiebig und wiederholt klarmachen muß, das heute wie vor sechzig Jahren und wie es auch weiter der Fall sein wird : » Ohne revolutionäre Theorie keine revolutionäre Bewegung ». Die unerläßliche Aufgabe der dynamischen und permanenten Ausarbeitung der kommunistischen revolutionären Strategie nicht anzunehmen, würde bedeuten, daß man damit einverstanden ist im Kreis zu drehen, daß man die Verzweiflung, die Mittelmäßigkeit leichter Ersatzlösungen mit gutem Gewissen in den kleinen Widerständen die zu nichts führen, akzeptiert. Den Staat, den Faschismus, den Rassismus, die verschiedenen Symptome des Imperialismus, die Repression, eine Menge von Dinge zu « bekämpfen », immer « gegen », kann punktuell nützlich sein, ist aber nur ein Zeichen von existentiellen Militantismus, während wir den Mut haben müssen zuzugeben, daß das nur Luft ist, etwas was zu nichts führt. Das soll einmal ganz klar und brutal gesagt sein, statt in der Ohnmacht kleiner Formierungen mit gutem ( und wenn auch bewaffneten ! ) Bewußtsein abzudanken, sollte sich dann schon besser jeder auf seine Insel zurückziehen, den Stränden des Pazifiks oder Möhren in der Pampa anpflanzen. Oder aber etwas wagen, wagen zu triumphieren, wagen die Geschichte am Rockzipfel zu fassen, sie zu unserer zu machen, indem wir sie mit unserem Willen nach Freiheit zurechtschmieden. Wir können Erbauer und Eroberer sein, wenn wir uns bewußt machen, daß eine neue Welt in Reichweite liegt, wenn wir nur die Hand ausstrecken wollen.

Die Entwicklung der Zivilisation ist an dem entscheidenen Punkt angelangt, von wo sie aus der Urgeschichte heraustreten kann und das heute Mögliche hat die gleichen Dimensionen wie die Entfremdung, die Unterdrückung, das Übermaß an Entmenschlichung einer in voller Fäulnis begriffenen Gesellschaft. Unsere Generation hat somit erstmalig seit Jahrtausenden die Möglichkeit, zum Kommunismus zu gelangen, die Türen zur Befreiung des Individuums und zur Befriedung aller menschlichen Bedürfnisse weit aufzustoßen, uns das zu unseren Lebzeiten. Unsere Generation ist die, welche die ersten Schritte der Menschheit in das Zeitalter des Kommunismus macht.

Frédéric Oriach

Ersten mai 1985